Circular Fashion – Die Lösung für Nachhaltigkeit in der Mode?

Frau steht in einem Kleidungsgeschäft vor einem Kleiderständer.

Wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht, hört man in der Mode immer häufiger den Begriff „Circular Fashion“. Die Berlin Fashion Week hat diesem Thema im Herbst 2020 eine eigene Veranstaltung gewidmet. Aber was bedeutet Circular Fashion?

Das Prinzip der sogenannten Kreislaufmode zielt darauf ab, den Wert von Materialien zu erhalten. Es soll kein Material verschwendet werden und dadurch soll langfristig ein sowohl ökologischer als auch ökonomischer Wert entstehen. Textilen Müll von Anfang an zu vermeiden – das ist der Grundgedanke einer zirkulären Modeindustrie. Um die Dringlichkeit eines solchen Systems zu verstehen, ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, wie die Modeindustrie heute funktioniert.

Umweltverschmutzung durch Mode

Jedes Jahr werden etwa 100 Milliarden Kleidungsstücke produziert. Davon gelangen bisher nur circa zehn Prozent ins Recycling. Aus dem Rest entstehen ungefähr 2,1 Milliarden Tonnen Abfall. Hinzu kommen die Treibhausgase, die bei der Produktion entstehen, sowie der enorme Wasserverbrauch und die Luftverschmutzung durch lange Transportwege.

Das bisherige System in der Mode heißt „Take, Make, Waste“

Die Modeindustrie basiert derzeit hauptsächlich auf dem linearen System „Take, Make, Waste“: Man erntet die Rohmaterialien und verarbeitet sie anschließend zu Kleidungsstücken. Benötigt man diese nicht mehr, landen sie auf dem Müll oder in der Verbrennungsanlage. Das bedeutet auch, dass sie als Ressourcen für immer verschwinden.

Hinzu kommt, dass das vorherrschende Geschäftsmodell „Fast Fashion“ darauf basiert, in immer kürzeren Abständen neue Kollektionen auf den Markt zu bringen. Die herstellenden Unternehmen locken Verbraucherinnen und Verbraucher saisonunabhängig in die Geschäfte und steigern den Konsum. Um die Nachfrage an Mode zu decken, benötigt man immer schneller immer mehr Ressourcen. Es ist ein Teufelskreis. Das Fast-Fashion-Prinzip ist somit zu einem großen Teil verantwortlich für die stetig wachsenden Textilmüllberge.

Ein Einkaufszentrum, in dem Menschen Klamotten einkaufen gehen.
Viele Geschäfte bekommen fast wöchtentlich neue Ware, um die Nachfrage nach angesagten Trends anzukurbeln.© CC0 / Burst

Das Konsumverhalten verändert sich

Viele Konsumentinnen und Konsumenten erkennen diese Verschwendung von Ressourcen. Sie sehen, dass sie bei jedem Kauf neuer Kleidung auch den eigenen ökologischen Fußabdruck vergrößern. Immer mehr Menschen wünschen sich daher eine nachhaltige Textilproduktion – langfristig kommt die Modeindustrie also nicht um den Faktor Nachhaltigkeit herum.

Recycling – der Ausweg?

Ein Ansatz für eine zirkuläre Modeindustrie ist das Recyceln von Materialien. Warum aber schaffen es nur circa zehn Prozent aller entsorgten Textilien in den Recyclingprozess und damit in einen nachhaltigen Kreislauf?

Viele Produkte bestehen aus Mischgeweben, also aus einer Verbindung von natürlichen und synthetischen Materialien. Und hier liegt das Problem: Die Trennung von Mischfaserabfällen ist beim Recyceln eine fast unlösbare Aufgabe. Um nicht an Wert zu verlieren, müssen Fasern zwingend in einzelne Komponenten separiert werden. Deshalb ist Recycling heute fast immer ein Downcycling. Minderwertige Materialien lassen sich für die Herstellung von Kleidung oft nicht verwenden. Fazit: Recycling, wie wir es kennen, ist zwar grundsätzlich ein guter Ansatz, stößt in der Realität aber schnell an Grenzen. Hinzu kommt, dass auch recycelte Kleidung am Ende immer im Müll landet.

Die Lösung: umdenken

In der Zukunft müssen Materialien wieder und wieder verwendet werden können, ohne dabei an Wert zu verlieren. Es gibt bereits Recyclingsysteme, die Fasern so regenerieren, als wären sie neuwertig. Warum man aber lediglich etwa ein Prozent aller Textilien so wiederaufbereitet, hat folgende Gründe:

  • Für Zirkularität muss Mode entsprechend designt sein.
  • Gebrauchte Textilien müssen an Stellen zurückgegeben werden, die Teil des zirkulären Systems sind.
  • Das zirkuläre Sortiersystem muss so beschaffen sein, dass unterschiedliche Materialien erkannt und separiert werden können.
Verschiedene Geweberollen sind aufeinander gestapelt.
Die Frage, ob ein Textil in ein zirkuläres System zurückgeführt werden kann, beginnt schon beim Gewebe.© CC0 / mploscar

Das Unternehmen circular.fashion

Ina Budde und Mario Malzacher haben das Unternehmen circular.fashion gegründet. Sie möchten ein Modell für Kreislaufwirtschaft in der Mode etablieren, das die drei oben genannten Faktoren überwindet. Die Produkte von heute sollen zu den Rohstoffen von morgen werden. So soll ein geschlossener Materialkreislauf entstehen. Ziel ist, dass alle Unternehmen der Modeindustrie sich daran halten können. Für ihr innovatives Konzept haben Ina Budde und Mario Malzachergleich zwei Auszeichnungen erhalten: 2015 den Next Economy Award und 2019 den Global Change Award, einen von der H&M Foundation initiierten Innovationspreis.

Circular Fashion ermöglichen mit dem „Circular Design Tool“

Ina Budde erklärt: „Für viele Marken ist es schwierig, die gesamte umgekehrte Lieferkette aufzubauen – eine Produktionskette, in der alte Artikel wieder zu neuen Fasern werden. Wir haben erkannt, dass es bei der Schaffung einer umgekehrten Lieferkette einen Standard geben muss, der in der gesamten Branche verwendet wird.“ Diesem Standard entspricht das von dem Start-up entwickelte „Circular Design Tool“. Es baut auf einer eigenen Datenbank und Software auf. Zielgruppe sind Herstellung, Verwertung sowie Konsumentinnen und Konsumenten. Sie erhalten jeweils spezielle Werkzeuge an die Hand.

Ein Beispiel: das „Circular Design Kit“

Mit dem Werkzeug „Circular Design Kit“ setzt circular.fashion dort an, wo eine funktionierende Kreislaufwirtschaft beginnt: bei der Beratung zu Design und Materialauswahl. Design und Qualität eines Kleidungsstücks müssen so beschaffen sein, dass sich das Kleidungsstück später recyceln lässt. Entsprechend muss auch die Produktion ausgerichtet sein. Das „Circular Design Kit“ zeigt alle relevanten Informationen zu Materialien und deren Wiederverwendbarkeit. Darüber hinaus kann man von Hand erstellte Schnitte digital so bearbeiten, dass man sie mit geringstmöglichem Überschuss produzieren kann – am besten unter Verwendung sortenreiner Materialien.

Fazit: Kann Circular Fashion die Modewelt nachhaltig verändern?

Das Unternehmen circular.fashion bietet ein gut durchdachtes, komplexes und innovatives System. Es vernetzt Recycling- und Sortierbetriebe, liefernde, produzierende und herstellende Unternehmen und ebnet damit den Weg zu einer nachhaltigen, zirkulären Modeindustrie. Das System bietet für viele Probleme bei bisherigen Recyclingsystemen Lösungen an, die auch im schnelllebigen Modebusiness funktionieren können.

Die Idee eines unendlichen Produktlebenszyklus durch Circular Fashion steht aber erst am Anfang. Die Zusammenhänge sind komplex – man muss sie erst einzeln betrachten und dann verbessern. Die Circular-Fashion-Idee könnte aber langfristig durchaus funktionieren und die Modeindustrie in Sachen Nachhaltigkeit revolutionieren. Vor allem dann, wenn sich genug Unternehmen finden, die bereit sind, hier Pionierarbeit zu leisten.

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