Über den Tellerrand geschaut
Den größten Teil seiner langen Geschichte wurde Porzellan als edles Luxusgut gehandelt, heute begegnet es uns ganz selbstverständlich im Alltag. Das Unternehmen Lindner Porzellan verbindet beide Welten. Ein Besuch im Werksladen fühlt sich an, wie ein Ausflug ins Museum oder gar eine andere, heile Welt voller Streublumen und filigraner Formen. Dabei wird klar: Porzellan hat nichts von seinem Zauber verloren. Vielmehr gewinnt unser Alltag durch das hochwertige Material an schlichter Eleganz. Die Inhaber-Familie Gossel nimmt uns mit in ihre traditionelle Manufaktur.
Unser Partner: Lindner Porzellan aus Küps
„Für uns gibt es keine klare Trennung zwischen Geschäftspartnern, Freunden und Familie“, sagt Walter Gossel über die Zusammenarbeit in der Porzellanmanufaktur in Küps. In diesem kleinen Ort in Oberfranken wird schon seit fast 200 Jahren Porzellan hergestellt, es war sogar eine regelrechte Porzellanhochburg. Mittlerweile gibt es nur noch vereinzelte Betriebe – einer davon ist Lindner Porzellan, die seit den Dreißigerjahren besteht. Sie wird von Werner Gossel geführt, der die Firma nach jahrelanger Mitarbeit Anfang der Neunziger von Familie Lindner übernommen und den Namen beibehalten hat. Heute arbeiten Vater und Sohn vor Ort, die Tochter ist Berufsmusikerin, dem Porzellan aber verbunden. Der Betrieb ist zwar klein, bekommt jedoch Bestellungen aus aller Welt. Das Herzstück bleibt der Werksverkauf vor Ort in Küps.
Seifenschale glasieren: Jeder Schritt wird von Hand ausgeführt.
Trocknen bei Raumluft: Das Trocknen bei Raumluft benötigt zwar mehr Zeit, spart jedoch Energie.
Porzellan verbindet
In der Manufaktur arbeiten bis zu 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion. Zu ihnen gehören Alteingesessene aus der Region sowie Zugezogene und Geflüchtete. Für jeden Verarbeitungsschritt gibt es heute nur noch eine zuständige Person– so werden alle zu Spezialistinnen und Spezialisten auf ihrem jeweiligen Gebiet, sei es das Formen, Bemalen oder Brennen des Porzellans. Viele haben ihre Ausbildung hier gemacht und bleiben dann einfach, oft gerne bis zur Rente. Das Gefühl, gemeinsam etwas Langlebiges zu erschaffen, verbindet sie mit dem Porzellan und miteinander. Dieses Familiengefühl in der Manufaktur gehört auch zu den frühen Erinnerungen von Walter Gossel: „Schon in meiner Kindheit haben wir eigentlich immer jemanden zu Besuch gehabt, der aus geschäftlichen Gründen gekommen und dann doch noch zum privaten Abendessen geblieben ist. Wenn wir früher unterwegs waren, um unsere Produkte vorzustellen, haben meine Schwester und ich im Büro gespielt, während unsere Eltern ihre Verkaufsgespräche geführt haben.“
Wert und Wertigkeit der Handwerkskunst
Lindner setzt der Schnelllebigkeit unseres Alltags traditionelles Handwerk, ein Auge für Details und einen Fundus von Formen und Dekorvorlagen entgegen, die bereits seit den Anfangszeiten der Produktion aufbewahrt und immer wieder überarbeitet werden. „Durch die Motivation, Dinge zu retten, die von schließenden Firmen sonst entsorgt worden wären, haben wir nun einen riesigen Modellbestand. Die gute Absicht hat sich dann als Glück herausgestellt: Manchmal wird wieder zeitgemäß, was längst vergessen war“, weiß Walter Gossel. Für ein Lieblingsteil aus dieser Fülle kann er sich schlecht entscheiden, denn in jedem Artikel steckt wahre Porzelliner-Liebe: „Porzellan ist ja mehr als ein Gebrauchsgegenstand. Die Seifenschale, die wir hier anfertigen, reist über Waschbär zum Kunden und begleitet diesen dann ein Leben lang. Auch ein Porzellangeschirr, das schon die Uroma besessen hat, legt im Laufe seines Lebens einen weiten Weg zurück und macht so vielen Personen Freude. Im Moment beobachten wir eine hohe Nachfrage nach Porzellanartikeln für den täglichen Gebrauch. Doch auch kleine Spielereien wie Tropfenfänger in Tierform bringen Freude in den Alltag und können dabei noch nachhaltig sein.“ Bei jedem Porzellanteil der Firma Lindner spürt man die Positivität und Freude, mit der die Familie nicht nur ihrer Arbeit, sondern auch dem Leben begegnet. Ein starkes Zeichen dafür sind die selbst entworfenen und gebrannten Porzellanplatten, die die Familie im Hof angebracht hat: Sie zeigen Gedichte der Mutter sowie humorvolle Ergänzungen des Vaters und zeugen dabei von der Beständigkeit des Materials und der Zuneigung füreinander.
Auch Scherben machen glücklich
Tradition wird hier ganz selbstverständlich gelebt und bringt ein eigenes Verständnis für Nachhaltigkeit mit sich. „Wenn man sieht, wie in Handarbeit wie früher aus Erde ein so besonderes Produkt entsteht, kann man gar nicht anders, als davon begeistert sein“, so Gossel. Hauptverbrauch bei der Produktion sind die Rohstoffe für die Porzellanmasse, die von einem Lieferanten aus dem Landkreis kommt, sie muss nur rund sieben Kilometer zurücklegen, bevor sie verarbeitet wird. Das Rohmaterial fließt komplett in die Porzellanherstellung ein. Das bedeutet, dass auch eventuell anfallende Gieß- und Drehabfälle wieder verflüssigt und neu verwendet werden. Bruchstücke, die nach dem ersten Brennen entstehen, können als sogenannter Glühbruch nicht wieder aufgelöst werden, daher nimmt der Rohstofflieferant sie zurück. Fein gemahlen mischt er sie zukünftigen Lieferungen unter. So entsteht ein kontinuierlicher Materialkreislauf, der die verwendeten Ressourcen schützt und ihnen ausreichend Zeit gibt, um vom Rohmaterial in mehreren Arbeitsschritten zu feinem Porzellan zu werden. Nimmt doch einmal die fertige Porzellanware Schaden, werden Scherben und beschädigte Teile für Polterabende verschenkt, im Werksladen günstiger verkauft oder den Kundinnen und Kunden als Ersatzteil mitgegeben. Walter Gossel ist überzeugt: „Wir glauben, dass die gute Energie, die wir in unsere Produktherstellung stecken, vielfach zurückkommt und sich vermehrt. Wir stellen mit viel Leidenschaft ein schönes Produkt her, in Folge entsteht nachhaltig Freude.“
Umsichtige Auswahl der Materialien, achtsame Herstellung und individuelle Gestaltung machen das Sortiment von Lindner aus.
Der gefürchtete Elefant im Porzellanladen
ziert die Gedichttafel im Hof.