Alte Gemüsesorten: Die Haferwurzel – ein vergessenes Gemüse

Die weiße sehr verzerigte Wurzel liegt auf dem Boden.

Das neue Gartenjahr beginnt. Jetzt ist es höchste Zeit, an die Gartenplanung zu denken und sich um das Saatgut für die kommende Gemüsesaison zu kümmern. Welche Gemüse wollen Sie dieses Jahr anbauen? Vielleicht wollen Sie einmal etwas Neues ausprobieren? Es gibt nämlich zahlreiche seltene Gemüsearten zu entdecken, die bei unseren Vorfahren noch in den Gärten standen und heute fast in Vergessenheit geraten sind. Die bunten Samen-Kataloge oder die entsprechenden Onlineshops bieten meist nur das klassische Gemüsesortiment an. Aber es gibt auch Samenfirmen, die sich auf Raritäten spezialisiert haben und fast vergessene Gemüsearten anbieten (siehe Adressenliste am Ende des Beitrags). In diesem Beitrag geht es um die Haferwurzel, die Sie schon im März aussäen können.

Vergessene Gemüse wie die Haferwurzel – lecker und gesund

Warum statt Kartoffeln nicht mal Topinambur oder Kerbelrübe in den Garten holen? Es muss auch nicht immer Spinat sein, an seiner Stelle pflanzte man früher Melde und Guten Heinrich. Im Mittelalter aß man statt der Möhre Pastinake und Haferwurzel. Was spricht eigentlich dafür, diese in Vergessenheit geratenen Gemüsesorten in den Garten zu holen? Zum einen sind die alten, samenechten Sorten außergewöhnlich lecker und bringen ganz neue Geschmacksnuancen in die Küche. Zum anderen sind sie wesentlich gesünder als die modernen Hochzuchtsorten.

Die Pflanzenzüchtung brachte viele Vorteile, vor allem ertragreichere Sorten. Aber es blieb dabei auch so manches auf der Strecke: Das Nährstoffprofil veränderte sich und viele wertvolle Inhaltsstoffe gingen verloren. Beim Vergleich von alten Gemüsesorten mit modernen Hochleistungssorten fällt auf, dass Erstere wesentlich mehr Nährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe aufweisen. Sie enthalten deutlich größere Mengen an Proteinen, Vitaminen und Mineralien. Aber auch die Sekundären Pflanzenstoffe wie Karotinoide, Glucosinolate oder Flavonoide sind um ein Vielfaches vorhanden. Die Sekundären Pflanzenstoffe sind nicht zu unterschätzen: Sie leisten einen wichtigen präventiven Beitrag zur Gesunderhaltung. Denn sie wirken entzündungshemmend und antibakteriell. Außerdem senken sie den Blutdruck und den Cholesterinspiegel und beugen somit Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Oft bezeichnet man sie auch als Radikalfänger oder als Antioxidantien.

Haferwurzel – im Mittelalter noch sehr beliebt

Die Haferwurzel ist eine alte Gemüsepflanze aus der Familie der Korbblütengewächse. Die Haferwurzel (Tragopogon porrifolius), manchmal auch Weißwurzel genannt, ist eine Wildpflanze aus dem Mittelmeerraum, die schon von den Römern als Gartengemüse angebaut wurde. Mit den Römern gelangte das Wurzelgemüse nach Mitteleuropa in die Gärten der Germanen. Im 16. und 17. Jahrhundert gehörte sie zum typischen Gemüse der Bauerngärten. Im Mittelalter galt die nahrhafte Wurzel als gutes Stärkungsmittel für „Schwindsüchtige und Ausgezehrte“. Erst als im 18. Jahrhundert die Schwarzwurzel ihren Siegeszug antrat, geriet die Haferwurzel in Vergessenheit.

Nahaufnahme der länglichen spitz zulaufenden Knospen.
Kurz vor der Blüte stehen diese Knospen der Haferwurzel.© CC0 / Capri23auto

Nährstoffreiches und gesundes Wurzelgemüse

Die Haferwurzel ist kalorienarm und proteinreich. Sie enthält zudem den Ballaststoff Inulin, der keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel hat. Das macht die Wurzel für Diabetes-Patienten und -Patientinnen zu einem wertvollen Gemüse. Inulin sorgt außerdem für eine gesunde Darmflora. An Mineralien enthält die Wurzel außergewöhnlich viel Kalzium (60 mg/100 g). Das Mineral ist nicht nur wichtig für Knochen und Zähne, sondern auch für die Reizübertragung in den Nervenzellen. Zudem liefert die Haferwurzel viel Kalium, Magnesium sowie Vitamine der B-Gruppe.

In der Volksheilkunde gilt die Haferwurzel als harntreibend, blutreinigend und krampflösend. Auch bei Bluthochdruck wird sie empfohlen. Im Mittelalter nutzte man sie bei Leberschwäche und Nierenerkrankungen. Neuere Untersuchungen bestätigen eine leberprotektive Wirkung.

Erfolgreicher Anbau im Garten: So geht’s

Die ein- bis zweijährige Haferwurzel bevorzugt einen leichten, tiefgründigen Boden. Alkalische Böden mag sie am liebsten, weshalb Sie auf einen pH-Wert von 7 achten sollten. Saure Böden müssen notfalls gekalkt werden. Bei Trockenheit sollten Sie regelmäßig gießen, um ein frühzeitiges Schossen der Pflanzen zu verhindern. Die Aussaat können Sie ab Mitte März bis Ende April tätigen. Der Reihenabstand beträgt 25 bis 30 Zentimeter, innerhalb der Reihe wird nach dem Auflaufen der Saat auf acht bis zehn Zentimeter vereinzelt. Empfehlenswerte alte Sorten heißen beispielsweise „Mammouth“ oder „Sandwich Islands“.

Wann erntet man die Haferwurzel?

Die Ernte beginnt dann im Herbst des ersten Jahres, aber nicht vor Ende September. Im Spätherbst kann nämlich noch ein deutlicher Massezuwachs erfolgen. Da die Wurzeln absolut frosthart sind, können sie auch über Winter im Boden verbleiben und nach Bedarf geerntet werden. Wenn man sie bis April nicht erntet, kommen sie im Folgejahr zur Blüte und die Wurzel wird ungenießbar holzig. Beim Ausgraben der langen Wurzeln sollten Sie vorsichtig agieren, da sie sehr leicht brechen und Milchsaft austritt. Das beeinträchtigt die Lagerfähigkeit.

Die sternförmig in zartem Lila blühende Haferwurzel.
Die Haferwurzel ist auch optisch ein Gewinn für Ihren Garten.© Heike Rau – stock.adobe.com

Kochen mit der Haferwurzel: mild im Geschmack

Die 20 bis 30 Zentimeter lange und zwei bis drei Zentimeter schlanke Pfahlwurzel enthält ähnlich wie der Löwenzahn und die Schwarzwurzel einen klebrigen Milchsaft. Dieser tritt beim Schälen aus und kann Hände und Kleidung braun verfärben. Deshalb bietet es sich an, sie unter Wasser zu schälen oder Handschuhe zu verwenden. Außerdem verfärben sich die Wurzeln nach dem Schälen unschön, weshalb sie gleich in Zitronen- oder Essigwasser gelegt werden.

Das Feinschmeckergemüse schmeckt süßlich-nussig und soll an den Geschmack und Geruch von Austern erinnern. Deshalb nennt man die Haferwurzel in England „vegetable oyster“. Die Haferwurzel kann ähnlich zubereitet werden wie die Schwarzwurzel, sie ist allerdings nicht ganz so aromatisch. Am besten gart man sie in Gemüsebrühe oder brät sie in Scheiben geschnitten in der Pfanne an. Die Garzeit beträgt etwa 15 Minuten. Aber auch als Suppengemüse ist sie bestens geeignet. Gedünstete oder als Pfannengemüse zubereitete Haferwurzel schmeckt gut in einer Sahne- oder Käsesauce.

Rezept für eine Haferwurzel-Nudelpfanne

Zutaten

  • 400 g Spirelli
  • 300 g Haferwurzeln
  • 1 Knoblauchzehe
  • 3 EL Olivenöl
  • 150 ml Sahne
  • 1 TL Sojasoße
  • gekörnte Brühe/ Gemüsebrühe
  • Salz
  • Pfeffer
  • 75 g Pecorino oder Parmesan

Zubereitung

  1. Spirelli nach Packungsanleitung in Salzwasser al dente kochen.
  2. Inzwischen die Haferwurzel schälen und in Scheiben schneiden. Mit Öl in einer Pfanne erhitzen und etwa fünf Minuten braten. Mit Sahne und Sojasauce aufgießen und bei niederer Temperatur weiterdünsten, bis die Wurzeln gar sind.
  3. Nudeln unter das Gemüse ziehen, mit gekörnter Brühe, Salz und Pfeffer würzen und abschließend den Pecorino darüberhobeln. Statt der Sahne können Sie für eine vegane Variante auch Tomatensoße verwenden und auf den Käse verzichten.

Bezugsadressen für alte Gemüsesorten wie die Haferwurzel

Pro Specie Rara
www.prospecierara.de

Blauetikett Bornträger GmbH
www.blauetikett.de

Dreschflegel
www.dreschflegel-saatgut.de

Grüner Tiger
www.gruenertiger.de

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