Pflanzenporträt: Labkraut – eine vielseitig nutzbare Wiesenpflanze

Das Labkraut steht dicht an dicht.

Das Wiesen-Labkraut (Galium mollugo) ist bei uns auf fast allen Wiesen und Weiden sowie an Wegrändern sehr häufig anzutreffen. Die außergewöhnliche Blattanordnung macht eine Verwechslung mit eventuell giftigen Pflanzen unmöglich. Denn alle ähnlich aussehenden Pflanzen gehören zur Labkrautverwandschaft und sind ebenfalls nutzbar.

Typisch Labkraut: Wie erkennt man die Wiesenpflanze?

Schauen wir uns die Wiesenpflanze etwas genauer an. Alle Labkräuter besitzen eine typische Blattanordnung: Die Blätter stehen nämlich etagenförmig in Quirlen um den Stängel herum. Die kleinen Blätter, die in einem Wirtel meist zu 6–8 zusammenstehen, sind schmal-linealisch und zugespitzt. Außer dem Wiesenlabkraut findet man noch recht häufig das klebrige Klettenlabkraut (Galium aparine), das seinem Namen alle Ehre macht. Im Wald steht der wohlduftende Waldmeister (Galium odoratum), der auch zu den Labkräutern gehört. Und auf trockenen Wiesen (Kalkmagerrasen) findet man das gelbblühende Echte Labkraut (Galium verum), das sehr dünne Blättchen besitzt.

Der Name Galium trägt das griechische gala=Milch in sich. Der deutsche Name Labkraut hat ebenfalls einen Bezug zur Milch: In den Blättern der Labkräuter befindet sich ein Stoff, der Milch zum Gerinnen bringt. Allerdings sind die Gerinnungserfolge nicht vergleichbar mit dem aus dem Labmagen von Kälbern gewonnenen Labferment.

Deutlich sichtbar sind die kleinen Härchen am Klettenlabkraut.
Sein Erkennungsmerkmal sind die Stachelborsten, die wie ein Klettverschluss an Kleidung und Tierfell kleben bleiben.© Rudi Beiser

Mild und saftig – so schmeckt Labkraut

Den wenigsten ist bekannt, dass das Wiesenlabkraut eine Bereicherung für die Wildkräuterküche ist. Es kurbelt den Stoffwechsel an und hilft den Köper zu „entgiften“. Es kann fast ganzjährig geerntet werden, denn nach jeder Wiesenmahd treiben wieder junge zarte Triebe aus. Die jungen Blätter und saftigen Triebspitzen eignen sich sehr gut für Salat, Pesto, Suppen, Saucen, Smoothies und gedünstet als Gemüse. Die Frühlingstriebe schmecken roh mild salatartig mit einem Nachklang, der an junge Maiskölbchen erinnert. Am allerbesten sind sie im März und April, bevor die Blüte beginnt.

Je näher wir zur Blüte kommen, desto faseriger werden die Stängel. Die zart honigduftenden, leicht süßlichen Blüten können ebenfalls genutzt werden. Sie dienen als Speisedekoration und zum Aromatisieren von Limonade. Es lässt sich daraus auch ein wohlschmeckender Tee zubereiten. Für Tee und Limonade sind allerdings die gelben Blüten des Echten Labkrautes wesentlich aromatischer. Man kann daraus auch ein feines Blütengelee herstellen, indem man die Blüten einige Stunden in Apfelsaft ausziehen lässt und dann mit Gelierzucker weiterverarbeitet. Auch das Kletten-Labkraut ist in der Wildkräuterküche verwendbar, allerdings nur gedünstet (wegen der hakigen Härchen). Es entwickelt einen erbsenähnlichen Geschmack.

Heidnisches Kraut wird christlich

Man kann man davon ausgehen, dass die Labkräuter in der germanischen Heilkunde eine wichtige Rolle einnahmen. Dafür spricht die Verwendung als sogenannte „Bettstrohkräuter“. Zumindest drei Labkräuter kamen dabei mit Sicherheit zum Einsatz: das Echte Labkraut, der Waldmeister und das Wiesenlabkraut, welches auch den Namen „Weißes Liebfrauenbettstroh“ führte. Das „Liebfrauenbettstroh“, auch „Marienbettstroh“ genannt, hat trotz der Beziehung zu Maria heidnische Wurzeln. Während der Synode von Liftinae (743) wetterte der Missionar Bonifatius noch über den germanischen Aberglauben, der damit betrieben wurde. Die Bettstrohkräuter, dazu gehörten auch Quendel, Dost und Johanniskraut, wurden in die Strohmatratze gestopft, um Gebärende und Neugeborene vor Krankheit und bösem Zauber zu schützen. Verbunden wurde dies mit der christlichen Legende, dass Jesus in der Krippe im Stall von Bethlehem auf diesen Kräutern gebetet wurde.

Getrocknete Labkrauthalme liegen auf Stroh, flankiert von einem Maria-Bild.
Getrocknetes Labkraut wurde zur Abwehr von Unheil in die Strohmatratzen gestopft.© Rudi Beiser

Ursprünglich hieß das magische Bettstroh allerdings „Freyas Bettstroh“. Man kann also davon ausgehen, dass Maria die Rolle einer vorchristlichen germanischen Göttin übernahm. Die Verknüpfung mit der Geburt Jesus hatte auch Einfluss auf die heilkundliche Nutzung der Labkräuter, denn sie spielten in der mittelalterlichen Volksmedizin eine bedeutende Rolle bei der Geburt und der Kindspflege. So wurden sie beispielsweise eingesetzt, um die Nachwehen zu lindern und um Kinder mit Hautkrankheiten darin zu baden. Außerdem nutzte man damals das Labkraut vor allem äußerlich zum Blutstillen, bei Brandverletzungen und bei allen möglichen Geschwüren. Dazu wurde das frische Kraut zerstoßen und wie ein Pflaster aufgelegt. Die harntreibende Wirkung des Labkrautes setzte man ein, um „die Nieren reinigen“, speziell bei Nierengrieß.

Das Wiesenlabkraut als Heilpflanze

Das Wiesenlabkraut ist eigentlich keine bekannte Heilpflanze, selbst im Mittelalter wurde es im Gegensatz zum Echten Labkraut recht selten eingesetzt. In den letzten Jahren wurde es allerdings von mehreren osteuropäischen Universitäten unter die Lupe genommen. Viele der gefundenen Inhaltsstoffe bestätigen die meisten volksmedizinischen Anwendungen, zum Beispiel bezüglich der vermehrten Harnausscheidung oder der heilsamen Wirkung bei Hauterkrankungen. Es wurden bisher 10 Iridoid-Glykoside entschlüsselt, die entzündungshemmende, antioxidative und antimikrobielle Kapazitäten besitzen. Unterstützt wird diese Wirkung durch die vorhandenen Flavonoide und Phenolsäuren. Die ebenfalls enthaltenen Anthrochinone wirken mild abführend und harntreibend. Das antibakterielle Hydrochinon Arbutin entfaltet seine Wirkung bei Harnwegsinfektionen. Des Weiteren werden lymphflussanregende und krebshemmende Effekte vermutet.

Die kleinen weißen Blüten des Wiesenlabkrauts leuchten an den langen Trieben.
Das blühende Labkraut eignet sich prima für Tee.© Rudi Beiser

Aus den Blüten Labkraut-Tee herstellen

Für Heilzwecke wird das Labkraut nicht vor, sondern während der Blütezeit geerntet. Für einen Tee nehmen Sie 1 gehäuften TL getrocknetes oder 1 EL frisches Labkraut auf ¼ Liter Wasser. 5-7 Minuten Ziehzeit genügen. Für einen harntreibenden, stoffwechselanregenden und entgiftenden Blutreinigungstee mischen Sie das Labkraut am besten mit Brennnesselblättern und Löwenzahnblättern (zu gleichen Teilen).

Rezept für Labkraut-Frühlingsgemüse

Zutaten

  • 500 g Wiesen- oder Kletten-Labkraut (junge Triebe)
  • 300 g junge Brennnesseltriebe
  • 1 Zwiebel
  • 2 EL Butter oder Öl
  • 50 ml Sauerrahm oder Crème fraîche
  • 1 EL Sojasoße
  • 2 TL gekörnte Brühe (Gemüsebrühe)
  • Pfeffer, Muskat
  • Sonnenblumenkerne

Zubereitung

Wildkräuter kleinschneiden. Brennnessel wegen der Brennhaare zuvor kurz blanchieren. Kleingeschnittene Zwiebel glasig dünsten. Kräuter dazugeben und zugedeckt einige Minuten andünsten. Wenn das Gemüse gar gedünstet ist mit Rahm, Sojasoße und Gewürzen abschmecken. Zum Schluss mit gerösteten Sonnenblumenkernen garnieren. Passt gut zu Reis oder Bratkartoffeln.

Rezept für Wiesensalat mit Labkraut

Zutaten

  • je 100 g junge Labkrauttriebe und junge Löwenzahnblätter
  • 100 g Kopfsalat
  • 2 Äpfel
  • 50 g Sonnenblumenkerne oder Kürbiskerne
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 EL Kürbiskernöl
  • 2 EL Balsamiccoessig
  • 1 EL Zitronensaft
  • 2 EL Apfelsaft
  • 2 EL Sauerrahm
  • 1 TL Agavendicksaft
  • Salz, Pfeffer
  • Blüten von Wildkräutern (Gänseblümchen, Löwenzahn)

Zubereitung

Labkraut und Löwenzahn in Streifen schneiden. Kopfsalatblätter grob zerkleinern. Apfel in dünne Stifte oder Scheiben zerteilen. Grob zerkleinerte Nüsse in einer Pfanne ohne Fett leicht anrösten. Alles mischen. Mit den restlichen Zutaten ein Dressing anrühren und unter den Salat mischen. Mit Blüten garnieren.

 

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