Färbeverfahren in der Textilindustrie: Ist bunte Mode schädlich?

Eine Frau und ihre Tochter tragen ungefärbte Kleidung.

In der farbenfrohen Welt der Mode spielen bunte Kleidungsstücke eine zentrale Rolle. Farbige Kleidung kann nicht nur die Stimmung beeinflussen, sondern sogar die Persönlichkeit eines Menschen zum Ausdruck bringen. Doch die Farbenpracht geht mit einem hohen Preis für die Umwelt einher. Dieser Beitrag wirft einen kritischen Blick auf die Problematiken, die bei konventionellen Färbeverfahren in der Textilindustrie entstehen, und stellt zugleich nachhaltigere Alternativen vor, die eine umweltfreundlichere Zukunft der Modebranche ermöglichen.

Welche Probleme entstehen beim Färbeverfahren in der Textilindustrie?

Färbeverfahren in der Textilindustrie haben neben oft unmenschlichen Arbeitsbedingungen und gesundheitsschädlichen Prozessen auch immense Auswirkungen auf die Umwelt. In der Textilproduktion gehören sie zu den Schritten, die die Umwelt am stärksten belasten. Allem voran sind es folgende drei Faktoren, die hier am deutlichsten zu Buche schlagen:

Wasserverschwendung

Die Modeindustrie benötigt für verschiedenste Färbeverfahren jährlich rund 93 Milliarden Kubikmeter Wasser. Und nicht nur, dass beim Färben wertvolles Trinkwasser verbraucht wird, Textilfarben sind außerdem für etwa 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung verantwortlich.

Chemikalien

Die herkömmlichste Färbemethode ist das Färben und Bleichen mit Chemikalien. Bei diesem sogenannten konventionellen Färbeverfahren kommen bis zu 2.000 unterschiedliche Chemikalien zum Einsatz – unter anderem Säuren, Enzyme, Bleichmittel wie Chlor und Formaldehyd. Ist der Färbe- beziehungsweise Entfärbungsprozess abgeschlossen, folgt die Entsorgung der stark chemiebelasteten Abwässer. Und genau da liegt das Problem. Oft leitet man sie einfach in nahe gelegene Flüsse, sodass giftige Chemikalien ins Grundwasser und über die Flüsse ins Meer gelangen.

Färbeprozesse erfolgen meist in Ländern wie China, Bangladesch oder der Türkei. Dort sind die giftigen Chemikalien nicht – wie bei uns – verboten. Das Problem wird dadurch aber nur ausgelagert. Denn am Ende finden die mit problematischen Farbstoffen belasteten Textilien via Import doch wieder ihren Weg nach Deutschland.

Schwermetalle

In den Farbpigmenten, aber auch im Färbeprozess, kommen für Farbbrillanz und Haltbarkeit gefährliche Schwermetalle wie Kadmium, Blei, Chrom, Quecksilber und Kupfer zum Einsatz. Diese richten nicht nur in der Natur drastische Schäden an. Sie gelangen über das Grundwasser in unsere Nahrungskette und so letztlich auch in unsere Körper. Hier können sie Ursache schwerster Erkrankungen sein und das zentrale Nervensystem schädigen.

Wie funktioniert der Prozess des Bleichens und Färbens genau?

Bevor man sie verwendet, um daraus farbige Kleidungsstücke herzustellen, müssen die Stoffe gefärbt werden. Das Verfahren läuft in der Regel folgendermaßen ab:

Vorbereitung

Zuerst erfolgt die Vorbehandlung der Stoffe, um Verunreinigungen wie Schmutz, Öle und andere Rückstände zu entfernen. Das wiederum erreicht man durch Waschen oder eine Vorbehandlung mit Chemikalien.

Bleichen

Um später ein möglichst gleichförmiges Farbergebnis zu erzielen, entfärbt man die Stoffe zunächst vollständig. Das passiert durch den Einsatz von Bleichmitteln wie Wasserstoffperoxid oder Natriumhypochlorit. Je nach Art der Fasern und der gewünschten Endfarbe kann der Bleichprozess variieren. Nach dem Bleichen müssen die Textilien gründlich gespült werden, um alle Bleichmittelrückstände zu entfernen.

Textilfärbung

Im Anschluss an das Bleichen können die Textilien in verschiedenen Farben eingefärbt werden. Welche Farbpigmente verwendet werden sowie die Wahl der Färbemethode hängt dabei von der Art der Fasern, der gewünschten Farbe und den Anforderungen an die Produktion ab. Gängige Färbemethoden sind unter anderem: Stückfärbung, Garnfärbung, Lösungsfärbung, Faserfärbung und Deckfärbung (bedrucken). Alles Nassverfahren, bei denen sich – oft bei sehr hohen Temperaturen – Wasch- und Trocknungsphasen abwechseln. Das wiederum verbraucht große Mengen an Wasser und Energie.

Fixierung und Nachbehandlung

Nach dem Färben müssen die Farbstoffe fixiert werden, um sicherzustellen, dass sie dauerhaft an den Textilfasern haften. Dies geschieht normalerweise durch Wärmebehandlung oder den Einsatz von Chemikalien, die die Farbstoffe an die Fasern binden. Nach der Fixierung werden die Textilien weiteren, oft chemischen Behandlungen unterzogen, um bestimmte Eigenschaften wie Weichheit, Glanz oder Wasserbeständigkeit zu verbessern.

Waschen

Als Abschluss des Färbe- und Fixierprozesses wäscht man die Textilien ein weiteres Mal gründlich, um überschüssige Farbstoffe und Chemikalienrückstände zu entfernen.

Transparenz bei Waschbär: Wenn Sie mehr über das Nassverfahren bei Waschbär erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen unser Interview mit der Waschbär-Textilexpertin Simone Seisl.

Wie erkenne ich, ob Kleidungsstücke nachhaltig gefärbt sind?

Leider kann man die Art der Färbung nicht auf den ersten Blick erkennen. Aber die folgenden Hinweise bringen hier Licht ins Dunkel.

Zertifizierung

Vergewissern Sie sich, dass das ausgesuchte Kleidungsstück eine Zertifizierung hat, wie beispielsweise das GOTS-Logo (Global Organic Textile Standard), das OEKO-TEX®-STANDARD-100-Logo, das IVN-Best- oder das bluesign®-Label. Diese Zertifizierungen stellen sicher, dass die Farbstoffe sowie andere Chemikalien, die bei der Herstellung zum Einsatz kommen, umweltfreundlich und gesundheitlich unbedenklich sind.

Nachhaltige Materialien

Bei Textilien aus natürlichen Fasern wie Bio-Baumwolle, Hanf oder Leinen erfolgt das Färben oft mit umweltfreundlichem Farbstoff. Achten Sie also verstärkt auf Kleidung, die aus diesen Materialien hergestellt ist, und informieren Sie sich über die Färbemethoden. Bei Waschbär finden Sie diese Informationen zum Beispiel immer in der produktspezifischen Textildeklaration.

Transparenz der Marke

Nachhaltige Marken informieren Ihre Kunden und Kundinnen oft bewusst transparent über Herstellungsprozesse und Lieferketten. Alles Wissenswerte dazu finden Sie meistens auf der Website der Marke. Einige Marken kennzeichnen ihre Produkte explizit als „nachhaltig gefärbt“ beziehungsweise „ungefärbt“ oder verwenden Symbole auf ihren Etiketten, um umweltfreundliche Färbemethoden auszuloben. Schauen Sie auf den Etiketten nach solchen Hinweisen und suchen Sie nach spezifischen Informationen zur Färbetechnik.

Färbeverfahren in der Textilindustrie: natürliche Textilfärbung

Natürlich gefärbte Textilien tendieren dazu, sanfte, erdige Farben zu haben, da die verwendeten Farben aus Pflanzen, Bakterien oder Algen gewonnen werden. Achten Sie daher beim Kauf auf Kleidungsstücke mit natürlichen, hellen Farbtönen.

Extrem lebendige oder unnatürlich aussehende Farben, wie zum Beispiel Neontöne, weisen oft auf chemische Färbeverfahren hin. Aber auch ein tiefes Schwarz ist bedenklich. Denn hier werden verschiedene Farbpigmente vermischt, die sich nur durch den Einsatz großer Mengen an Schwermetallen an die Fasern binden lassen.

Generell sinnvoll: Waschen vor dem Tragen

Am besten ist es, neu gekaufte Kleidungsstücke vor dem ersten Tragen zu waschen. Wer bereits getragene Secondhandkleidung kauft, ist auf der sicheren Seite, weil hier schädliche Chemikalien oft schon ausgewaschen sind.

Was sind umweltfreundliche Alternativen zur chemischen Färbung?

Um die drei größten Umweltprobleme von Färbeprozessen der Modeindustrie zu vermeiden, gibt es inzwischen mehrere umweltfreundliche Alternativen:

  • Beim nachhaltigen Färben mit biobasierten Naturfarben spricht man von „guten Farben“. Denn nicht nur sind diese pflanzenbasiert. Bei der Färbung benötigen sie auch eine deutlich geringere Menge an Wasser sowie weniger Chemikalien als herkömmliche Färbemethoden. Teilweise werden sogar keinerlei Chemikalien benötigt.
  • Bei Textilfarben, die aus Algen gewonnen werden, kommen keine schädlichen Chemikalien zum Einsatz. Außerdem weisen sie einen besseren ökologischen Fußabdruck auf als herkömmliche Herstellungs- und Färbeprozesse.
  • Im SpinDye®-Verfahren, das sich für Kunstfasern, Viskose und Mischgewebe eignet, benötigt man deutlich weniger Wasser, da die Zuführung der Farbpigmente hier schon bei der Herstellung des Garns erfolgt.
  • Weitere ressourcenschonende biologische Alternativen sind Farbstoffe, die aus Bakterien extrahiert werden. Sie sind besonders farbintensiv und benötigen zur Herstellung keine landwirtschaftlichen Anbauflächen.

Wie Sie selbst Textilien mit Färberpflanzen färben können, lesen Sie in unserem Magazin-Beitrag:

Färben durch digitales Bedrucken

Das Färben von Stoffen durch digitales Bedrucken ist als Alternative zu ressourcenintensiven Nassfärbeverfahren ebenfalls eine echte technologische und ökologische Innovation. Hierbei ist der Verbrauch an Energie und Wasser deutlich geringer, ebenso wie die Umweltverschmutzung. Außerdem benötigt man im digitalen Druckprozess weniger als zehn Prozent der Chemikalien, die bei herkömmlichen Färbeverfahren zum Einsatz kommen.

Ungefärbte Textilien

Die Botschaft ist einfach: Es gibt nichts, was natürlicher ist als das, was die Natur selbst geschaffen hat. Mit Produkten aus ungefärbten Naturmaterialien wird nicht nur eines der größten Umweltprobleme der Bekleidungsindustrie gelöst, es bedeutet letztlich auch: mehr Natur auf der Haut und damit weniger Hautreizungen und Allergien. Ein neuer Trend in der Mode heißt „undyed Fashion“, also „ungefärbte Kleidung“. Das sind ungefärbte Kleidungsstücke aus hochwertigen Naturmaterialien, hergestellt unter strengen, ökologisch fairen Bedingungen. Es gibt inzwischen einige Firmen und Labels, die Undyed-Kollektionen anbieten – auch bei uns im Onlineshop erhalten Sie ungefärbte Mode.

Welche Vorteile hat ungefärbte und ungebleichte Kleidung?

Ungefärbte und ungebleichte Kleidung ist eine nachhaltigere Wahl für alle, die auch bei Mode Wert auf höchste ökologische Standards legen. Die Vorteile von ungebleichter und ungefärbter Kleidung im Überblick:

Umweltfreundlichkeit

Durch den Verzicht auf Färbeverfahren in der Textilindustrie lassen sich viele Ressourcen einsparen und drastische Auswirkungen auf die Umwelt verhindern. Vermieden wird zum Beispiel ein extrem hoher (Trink-)Wasserverbrauch. Man benötigt keine Energie für heißes Färbewasser sowie das Betreiben von Maschinen. Außerdem entfällt die Belastung des Grundwassers durch Chemikalien und Schwermetalle und es muss kein toxisches Abwasser entsorgt werden.

Hautverträglichkeit

Ungefärbte und ungebleichte Kleidung besteht oft aus Naturfasern wie Baumwolle, Leinen oder Hanf, die hautfreundlich und hypoallergen sind. Das macht sie besonders geeignet für Kinder und Erwachsene mit sehr empfindlicher Haut.

Längere Haltbarkeit

Da keine Farbstoffe oder strapazierenden Bleichmittel zum Einsatz kommen, halten ungefärbte und ungebleichte Textilien in der Regel deutlich länger.

Vielseitigkeit

Ungefärbte und ungebleichte Kleidungsstücke harmonieren mit vielen Kleidungsstücken und sind immer tolle, unkomplizierte Kombipartner; vor allem für das Konzept der Capsule Wardrobe.

Werden ungefärbte Kleidungsstücke ganz ohne Chemie hergestellt?

Das Ziel ist es, bei ungebleichter und ungefärbter Mode die natürlichen Rohstoffe so zu belassen, wie sie in der Natur vorkommen. Leider ist es bisher noch nicht möglich, vom Reinigen und Spinnen bis zum Färben und Veredeln vollständig auf chemische Prozesse zu verzichten. Wichtig ist hier aber zu wissen: Chemie ist nicht gleich Chemie und nicht alle chemischen Prozesse sind gleich.

Worauf sollte ich hier achten?

Um sicher zu sein, dass bei der Herstellung unbedenkliche beziehungsweise so wenig kritische Chemikalien wie möglich zum Einsatz gekommen sind, können Verbraucher und Verbraucherinnen sich am Global Organic Textile Standard, besser bekannt als GOTS-Label, orientieren. Textilien erhalten diese Zertifizierung nur dann, wenn von der Rohstoffverarbeitung bis zur Textilproduktion auf die Einhaltung der festgelegten strengen Standards geachtet wurde. Ökologisch orientierte Textilhersteller arbeiten stetig daran, noch natürlichere, ökologischere und ressourcenschonendere Lösungen zu entwickeln, die den Einsatz von Chemikalien verzichtbar machen.

Welche Farbe hat naturbelassene Kleidung?

Der natürliche Farbton ungebleichter und ungefärbter Textilien – zum Beispiel aus Baumwolle oder Hanf – ist ein warmer Beige-Ton. Sind Kleidungsstücke aus Naturmaterialien reinweiß, kann man sicher sein, dass es sich um gebleichte Textilien handelt.

Was kann ich persönlich tun, um nachhaltige Mode zu unterstützen?

Wer um die Auswirkungen der Modeindustrie auf die Umwelt und die Arbeitsbedingungen der Arbeitenden weiß, kann mit seinem Kaufverhalten durchaus einen Beitrag dazu leisten, die Modeindustrie nachhaltiger zu gestalten und langfristig eine positive Veränderung zu bewirken.

  • Am besten: einfach weniger kaufen und dafür qualitativ hochwertigere Kleidung. Wenn Sie sich für zeitlose, langlebige Stücke entscheiden, haben Sie gleich mehrere Saisons Freude daran.
  • Kaufen Sie bei Marken, die sich für Umweltschutz, faire Arbeitsbedingungen und ethische Geschäftspraktiken einsetzen und ihre Lieferkette und Produktionspraktiken transparent kommunizieren.
  • Wenn Sie beschädigte Kleidungsstücke reparieren, aber auch durch Vintage-Käufe oder Kleidertauschbörsen tragen Sie zu mehr Nachhaltigkeit bei.
  • Waschen Sie Ihre Kleidung nur bei Bedarf und bei möglichst niedrigen Temperaturen. Das spart Wasser und Energie und verlängert gleichzeitig die Lebensdauer Ihrer Textilien. Wie Sie Kleidung möglichst nachhaltig waschen, lesen Sie im Waschbär-Magazin.

Fazit zu den Färbeverfahren in der Textilindustrie

Insgesamt zeigt sich, dass die Färbeverfahren in der Textilindustrie erhebliche Auswirkungen auf Natur und Mensch haben können. Die Verwendung von chemischen Farbstoffen kann zu extremer Wasserverschmutzung, hohem Energieverbrauch und bedenklichen Gesundheitsrisiken führen. Deshalb geht es bei der vermeintlich einfachen Entscheidung für oder gegen den Kauf eines Kleidungsstücks, in dessen Farbe wir uns auf Anhieb verliebt haben, um so viel mehr.

Es geht um den persönlichen Anspruch an hohe ökologische Standards, auch was das jeweilige Verfahren des Färbens betrifft. Es geht um langlebige Qualität, die sich nur aus hochwertigen Rohstoffen gewinnen lässt, um transparente Lieferketten und gleichzeitig um sozial faire und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Alles zusammen spiegelt sich im „Karma“ der Textilie und damit letztlich auch im Tragegefühl wider. Ob es um Farbigkeit geht oder grundsätzlich Nachhaltigkeit in der Textilproduktion – es ist sicherlich sinnvoll, hier immer genauer hinzuschauen.

 

Schreiben Sie einen Kommentar

* Diese Felder sind Pflichtfelder.