Garten-Gestaltung: Was will der Gärtner vs. wie sind die Bedingungen?
Es macht unheimlich Spaß, sich auszumalen, wie der eigene Garten aussehen soll. Welche Pflanzen dort wachsen sollen und wie durch den bewussten Eingriff ein harmonischer Traumgarten entsteht. Doch wie das mit Träumen so ist, kommt oft die Realität dazwischen – auch bei der Garten-Gestaltung. Natürlich kann man erstmal alles pflanzen, wie und wo es gefällt, und dann beobachten, was funktioniert. Irgendwas wird wachsen, auf jeden Fall der Komposthaufen… Aber: Pflanzen besitzen sogenannte Naturstandorte. Das sind die Stellen, wo sie sich ohne menschliches Zutun ansiedeln: Wo Licht und Bodenverhältnisse stimmen, wo also Wasser- und Nährstoffvorrat passen, wo es nicht zu heiß und nie zu kalt wird, wo Konkurrenz erträglich ist und wo die Nachbarn mithelfen, Fressfeinde und Krankheiten im Zaum zu halten.
Idealerweise beließe man es also einfach dabei: Die Pflanzen wachsen ihrer Natur gemäß und wir gehen vorsichtig zu ihnen hin, um sie anzuschauen, vielleicht etwas abzupflücken, einen Tee zu kochen, ein paar Blätter als Salat zu essen oder ein Stück Wurzel für den Winter zu ernten. So war das zu Zeiten der Jäger und Sammler. Mittlerweile sind die Grundstücke etwas knapper geworden. Natur wird weltweit vor harte Proben gestellt. Zugleich stellen viele Menschen überrascht fest, dass ihnen Natur guttut und sei es nur, Wind und Wetter um die Nase zu spüren. Oder eben „in der Erde zu wühlen“. Dazu holen wir säckeweise Erde und Pflanzen in kleinste Stücke Land – in Gärten, Hochbeete oder Töpfe. Manch einer sagt nun: Echte Natur ist aber etwas anderes. Und hat recht, obwohl die Garten-Werbebranche hart dagegenhält. Man könnte aber auch sagen: Mein bisschen Grün ist besser als gar nichts, eine Insel im Beton – und ich kann mehr als Kies und Konifere.
Inhalt
Wie stark möchten Sie bei der Garten-Gestaltung in die Natur Ihres Gartens eingreifen?
Zwei der weisesten Errungenschaften der Natur sind Vielfalt und Anpassungsfähigkeit. Manche Pflanzen sind absolute Standortspezialisten und damit schwierig zu „kultivieren“. Viele hingegen haben nicht den einen optimalen Standort, sondern haben sich vielerorts behauptet, weil sie nicht so wählerisch sind.
Hier nähern wir uns der Frage nach Ihrem persönlichen Gartenstil. Folgende Fragen helfen dabei, sich selbst darüber klar zu werden, was man eigentlich in seinem Garten gestalten möchte:
- Sollen Pflanzen in Ihrer Obhut Ihnen gehorchen?
- Oder sollen sie – einmal ausgepflanzt – möglichst selbst ihre Plätze durch Versamen bestimmen?
- Möchten Sie eine Struktur von Beeten oder Gefäßen vorgeben, an die sie sich bitte zu halten haben?
- Oder herrscht in Ihrem Garten Laissez-faire, bis die Brennnessel das Sagen hat?
Diese Fragen stellen sich erfahrenen Bio-Gärtnern täglich – wie viel Eingriff ist nötig, wie viel „Natur“ ist möglich. Dabei stellen sie schnell fest, dass sich selbst überlassene Bereiche zwar eine wilde Schönheit entwickeln, allerlei Unterschlupf gewähren und Igel wie Insekten anlocken. Aber: Produktivität und Ästhetik, Ernteziel und Gestaltungsidee brauchen Plan und Eingriff.
Was ist Ihre Natur oder: Was für eine Gärtnerin oder Gärtner möchten Sie sein?
Bevorzugen Sie eine English Border (üppige Rabatten in englischen Gartenanlagen, die vom Weg aus in der Höhe gestaffelt wachsen), wo das Farbspiel das Wichtigste ist und die Pflanzen sich dem unterzuordnen haben. Oder versuchen Sie sich an einem Rhododendronhain, obwohl Ihr Grundstück weit weg vom Meer liegt und die Winter kalt und trocken sind? Träumen Sie von einer Blumenwiese, obwohl ihr Boden zu nährstoffreich ist, um eine Alpenlandschaft zu imitieren?
Ich plädiere für ein gesundes Sowohl-als-Auch. Gesund nenne ich es, wenn kein Dogma damit verbunden ist. Also darf es Flächen und Pflanzen geben, wo ich der „Herr im Hause“ respektive die „Chefin“ bin – im Gegenzug (und um die Götter nicht noch mehr zu erzürnen…) gewähre ich Pflanzen andernorts im Garten Freiraum. Auch der Brennnessel. Weil sie den Schwalbenschwanz ernährt. Aber darf die Raupe des Zitronenfalters die Brokkoliblätter verputzen? Man wird sehen.
Und Sie sehen, alles fängt bei den „natürlichen“ Gegebenheiten an: Wieviel Bodenverdichtung haben die Baumaschinen in der Neubausiedlung hinterlassen? Wie viele Unkrautsamen wehen von der Brache gegenüber zu uns? Wann wurde zuletzt gekalkt?
Welche Parameter müssen Sie bei der Garten-Planung berücksichtigen?
Schon jetzt sind zahlreiche Fragen gestellt worden. Sie sind genauso wichtig für eine erfolgreiche Garten-Gestaltung wie die Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort. Manches davon ist entscheidend für das Gelingen Ihres Traumgartens. Manches können Sie beeinflussen, manches nicht. Lernen Sie Ihren Garten kennen:
- Grundstücksgröße: Wie groß ist Ihr Garten? Sind Bereiche wie Beetflächen oder Sitzplätze vorgegeben? Welche Möglichkeiten bieten sich Ihnen? Gibt es Platz für ein Gewächshaus oder einen Topfgarten? Für eine Kräuterspirale oder ein Hochbeet?
- Ausrichtung: Wie ist der Sonnenstand und Schattenwurf im Tages- und im Jahresverlauf? Hilfreich ist hier, drei grobe Skizzen für Frühjahr/Herbst, Sommer und Winter anzufertigen. Daraus können Sie ableiten, welche Pflanzen – Sonnenanbeter oder Schattengewächse – sich wahrscheinlich bei Ihnen wohlfühlen können.
- Gelände: Es kann flach, steil oder zumindest hügelig sein. Das ist nicht ganz unwichtig für die Entstehung von nassen und trockenen Bereichen im Garten.
- Erde (oder „Substrat“): Davon spricht man unter Gärtnern, wenn etwas eingekauft wurde, etwa Blumen-Erde. Wo und wie viel ist bislang davon ausgebracht worden?
- Boden: Er ist so wichtig, dass er im Folgenden ausführlich vorgestellt wird.
Der Boden: Die Basis für die Garten-Gestaltung
Boden meint den gewachsenen Boden vor Ort. Auf hoffentlich festem (Unter-)Boden steht das Fundament des Hauses. Im Oberboden (0-30 cm) wachsen Kraut und Unkraut, die Wurzeln von Bäumen und Rosen reichen deutlich tiefer.
Es gibt vielerlei Böden, sie leben und verändern sich, wenn auch langsam. Böden bestehen immer aus Mischungen mineralischer und organischer Natur. Je weiter oben man schaut, desto mehr Organisches, kurz „Humus“ in unterschiedlichen Zersetzungsstufen gibt es: tote oder sterbende organische Substanz, Laub und Ästchen, Kot und Kadaver – Ausscheidungen des Lebens oder Reste von ehemals Lebendigem. Daher kommt die meist dunklere Färbung der obersten Schicht des Bodens.
Schließlich gehört ganz viel aktives Leben zum Boden, mikroskopisch klein bis regenwurmgroß: Tiere und Pflanzen(wurzeln), Bakterien und Pilze. Hinzu kommen noch Wasser und Luft, Gase, …
Umgangssprachlich werden Böden oft nur grob nach ihren mineralischen Anteilen benannt: Sand, Schluff („Lehm“) und Ton. Das sind unterschiedliche Körnergrößen von genau dem Ausgangsgestein, das vorherrscht, wo man lebt – und gärtnert.
Je nachdem, wie weit lang entfernte Eiszeiten und jährlich wiederkehrende Fröste die Zerkleinerung vorangetrieben haben, gibt es heute mehr oder weniger kleine Teilchen, von Sand über Schluff bis Ton, in uralten ehemaligen Flussläufen finden sich Kiesel, in Moor-Gegenden höchstens mal ein runder Findling. „Lehm“ ist übrigens der Name für die Mischung der mineralischen Komponenten, er ist mal mehr sandig, mal mehr tonig. Die gesamte Mischung aller Bodenbestandteile entscheidet über Luftigkeit und Verdichtung, über Feuchte und Nährstoff-Haltekraft, über Wasser- und Futter-Freigabe.
Der Boden kann verändert werden – muss aber nicht unbedingt sein
Gärtner müssen den gewählten oder ihnen zugeteilten Standort hinnehmen. Am Wetter können Sie gar nichts machen, am Kleinklima aber schon. Licht und Schatten können Sie mit Technik oder Sägen beeinflussen. Der Boden lässt sich also verändern. Ich spreche lieber von „verändern“, als von „verbessern“. Umgangssprachlich gibt es zwar „schlechten“ und „guten“ Boden – die Natur kennt solche Wertungen aber nicht. Sie passt sich an, das heißt jeder Boden findet seinen Bewuchs ebenso wie jede Pflanze ursprünglich irgendwo ihren Boden fand…
Das ist nicht immer im Sinne von hohen Erträgen. Aber im Sinne von Artenvielfalt ist es allemal. So gedeiht eine der besten „Insekten-Tankstellen“, der Natternkopf Echium vulgare an kargen, nährstoffarmen, kiesigen Stellen. Blumenkohl wäre dort verloren, Wildkohl hingegen wäre einen Versuch wert. Beim Boden kommt es also drauf an, was man draufmacht.