Mit dem Guppyfriend gegen Mikroplastik

Links sieht man den Waschbeutel Guppyfriend, rechts einen Guppy.

Mikroplastik ist ein riesiges Problem unserer Zeit. Langsam beginnen wir, das auch zu erkennen und immer mehr Menschen fragen: Wie gefährlich ist Mikroplastik? Wie gelangt es in die Natur und was können wir dagegen tun? Eine kleine Erfindung von zwei Berlinern nimmt eine Quelle für die Partikel in den Blick, die oft vergessen wird: Kleidung aus Synthetikfasern. Mit ihrem Waschbeutel Guppyfriend wollen die Gründer verhindern, dass Mikroplastik aus Kleidung ins Wasser gelangt.

Mikroplastik aus Synthetikfasern: Hier setzt der Guppyfriend an

Ein Großteil unserer Kleidung besteht aus synthetischen Materialien. Beim Waschen gelangen abgebrochene Kunststofffasern über das Abwasser in Flüsse und Meere. Dort zerfallen sie in immer kleinere Teilchen, ziehen Krankheitserreger und Bakterien an und schaden somit unserer Umwelt. Über die Nahrungskette findet das Mikroplastik wieder den Weg zurück zu uns: Mikroplastik wurde u.a. in Salz, Honig, Bier, Wasser, Fisch und dem menschlichen Körper nachgewiesen.

Insbesondere im Outdoorbereich erfüllen die Synthetikfasern viele Anforderungen und bieten Komfort, auf den Viele nicht verzichten wollen. Doch gerade weil sich Outdoorfans so gerne in der Natur aufhalten, schmerzt es sie besonders, dass diese Kleidung beim Waschen Mikroplastik abgibt. Genau hier setzt der Guppyfriend-Waschbeutel an: Ein Waschbeutel, der die Mikrofasern aus Fleece und Co. auffängt und daran hindert, im Wasserkreislauf freigesetzt zu werden.

Nahaufnahme von Wollgarn, von dem Fasern abstehen.
Wie dieses Wollgarn verlieren auch synthetische Garne beim Waschen Fasern.© CC0 / SilviaStoedter

Im Interview stellen Alexander Nolte und Oliver Spies, die beiden Entwickler des Guppyfriend, die Idee und ihre Umsetzung vor

Wie sind Sie auf das Problem „Mikroplastik“ aufmerksam geworden?

Wir stellen plastikfreie, lokal produzierte Kleidung und Closed Loop Schuhe her, bieten in unseren Läden aber auch Outdoorkleidung anderer Hersteller aus vornehmlich synthetischen Textilien an. Durch unseren Klub und ein Interview mit einer Meeresbiologin haben wir vom Mikroplastikproblem erfahren. Durch eigene Tests und Gespräche mit Experten, wurde uns das Ausmaß und die katastrophalen Auswirkungen für Mensch und Umwelt klar. Da von Mikroplastikverschmutzung durch Textilien so gut wie niemand gehört hatte, wollten wir mit möglichst vielen Menschen unsere Erkenntnisse teilen und alltagstaugliche Anregungen zur Reduktion von Mikroplastik geben.

Wie sind Sie auf die Idee mit dem Guppyfriend gekommen?

Wir arbeiten täglich an Eco Innovationen und auch in diesem Fall wurde schnell klar, dass wir eine pragmatische Lösung brauchen, die jeden Einzelnen in die Lage versetzt, sofort etwas gegen Mikroplastikverschmutzung unternehmen zu können.

Ein Waschbeutel schien uns die pragmatischste Lösung, um das Problem zu adressieren. Auf der einen Seite wollten wir Plastikverschmutzung durch das Waschen synthetischer Textilien stoppen, auf der anderen dazu beitragen, unsere Kauf-und Waschgewohnheiten anzupassen: Bei der Verwendung des Guppyfriend Waschbeutels muss jeder Benutzer zwangsläufig im Pflegeetikett nachschauen, woraus ein Kleidungsstück besteht und reflektieren, ob es in den Waschbeutel gehört und welches Waschmittel sinnvollerweise verwendet werden sollte.

Der Guppyfriend Waschbeutel erinnert uns also täglich daran, weniger aber besser zu kaufen und auch unser Waschverhalten so anzupassen, dass der Mikrofaseraustrag minimiert wird. Ohne diese Gewohnheiten zu ändern, werden wir das Mikroplastikproblem kaum in den Griff bekommen.

Eine Frau schaut duch ein Mikroskop.
Mit den Erlösen des Guppyfriend haben die beiden Erfinder STOP! Plastik Akademien aufgebaut und bilden Jugendliche aus, damit die in ihren Schulen das (Mikro)Plastikthema kommunizieren können.© STOP! Micro Waste

Welche Herausforderungen gab es bei der Entwicklung des Wäschenetzes?

Wir haben zahlreiche Materialien ausprobiert und noch mehr Waschtests z.B. mit dem Deutschen Textilforschungszentrum, dem Fraunhofer Institut, der University of California und diversen Industriepartnern durchgeführt. Unsere Erkenntnisse haben wir in unserer Waschanleitung zur Vermeidung von Mikroplastik zusammengefasst. Technische Herausforderungen gab es viele: Wie ist z.B. das ideale Verhältnis zwischen offener und geschlossener Fläche, sodass Wasser und Lauge an die Kleidung kommen, die winzigen Öffnungen jedoch optimal filtern, trotzdem aber nicht verstopfen. Der Waschbeutel musste so konstruiert sein, dass die Fasern der Kleidung erst gar nicht abbrechen, was laut Fraunhofer Institut bei synthetischen Textilien zu durchschnittlich 86 Prozent der Fall ist. Der Guppyfriend durfte selber keine Fasern verlieren und sollte komplett unbehandelt sein. Was wie ein einfacher Waschbeutel wirkt, ist in Wirklichkeit eine komplexe technische Lösung.

Neben der Funktionsfähigkeit und Umweltanforderungen, ist die Rolle des Guppyfriends als Beschleuniger für Verhaltensänderung eine zentrale Herausforderung.

Wie genau funktioniert der Guppyfriend?

Jedes Textil verliert beim Waschen kleinste Faser-Bruchstücke. Mikrofasern von synthetischen Materialien wie Polyester, Acryl und Nylon sind problematisch für die Umwelt, weil sie in immer kleinere Teilchen zerfallen, mit dem Plankton von Fischen aufgenommen werden und dadurch in die Nahrungskette gelangen.

Die meisten Kleidungsstücke wie Yogahosen, Laufshirts, Unterwäsche, Socken und Outdoorbekleidung sind gänzlich oder teilweise aus synthetischen Fasern. Der Waschbeutel bewirkt, dass der überwiegende Teil der Fasern erst gar nicht abbricht. Somit ist die Kleidung länger tragbar. Gut zu sehen ist das hier im Video. Die Fasern, die abbrechen, werden durch den Guppyfriend Waschbeutel zuverlässig zurückgehalten. Selbst Fasern, die wesentlich dünner sind, als die winzigen Öffnungen des Filtergewebes, werden durch den Rückspüleffekt zuverlässig zurückgehalten.

Die abgebrochenen Fasern lagern sich nach dem Waschen meist in den oberen Ecken des Waschbeutels ab und können einfach entfernt und im Hausmüll entsorgt werden. Die eigentliche Nutzung ist einfach: Kleidung rein und Guppyfriend schließen, waschen, Kleidung raus und Fasern entsorgen.

Aus was besteht der Guppyfriend Waschbeutel und verliert er nicht selbst Fasern beim Waschen?

Der Guppyfriend Waschbeutel besteht aus additiv-freiem Polyamid 6.6. Das Material ist besonders zäh, laugenbeständig und in reiner Form gut zu recyceln. Das Gewebe besteht aus sogenannten Monofilamenten. Diese ähneln eher Stäben als Fäden und verlieren selber keine Mikrofasern.

Im momentanen Stand der Technik, kann recyceltes Material noch nicht für unsere Zwecke genutzt werden. Abgesehen vom Reißverschluss ist der Guppyfriend jedoch aus einem Material und kann daher hochwertig recycelt werden.

Welche Tipps haben Sie zur erfolgreichen Verwendung des Guppyfriend?

Um eine möglichst lange Lebensdauer des Guppyfriend Waschbeutels zu gewährleisten, gibt es einige Dinge auf die man achten sollte. Zum Beispiel sollte der Guppyfriend nicht direktem Sonnenlicht ausgesetzt werden, scharfkantige Gegenstände sollten vermieden werden. Viele der Tipps, wie nicht zu heiß und nicht zu lange waschen, nicht überdosieren, keine starken Bleichmittel verwenden, sind nicht nur gut für den Guppyfriend Waschbeutel, sondern vor allem auch für die Langlebigkeit der Textilien. Zum Schutz der Kleidung und für ein gutes Waschergebnis empfehlen wir Flüssigwaschmittel, idealerweise aus natürlichen Inhaltsstoffen. Waschpulver enthalten oft Schleifmittel, die den Faserabrieb begünstigen und Ablagerungen auf der Wäsche hinterlassen können.

Mit weiteren 10 Tipps fürs Waschen unterstützt STOP! Micro Waste die Lebensdauer von Kleidungsstücken und die Vermeidung von Mikroplastik.© STOP! Micro Waste

Es ist außerdem von Vorteil mit mehreren Guppyfriend Waschbeutel zu waschen oder andere nicht-synthetische Kleidungsstücke mit in die Trommel zu geben, um Unwucht in der Waschmaschine während des Schleudergangs zu vermeiden.

Nur weil wir den Fall gerade hatten, möchten wir noch einmal betonen, dass der Beutel natürlich nicht unter fließendem Wasser ausgespült werden sollte. Weitere Verwendungstipps befinden sich in der dem Guppyfriend beiliegenden Gebrauchsanweisung.

Was macht man mit den Fasern, die im Beutel zurückbleiben?

In den meisten europäischen Ländern sind Müllhalden verboten. In diesem Fall können die Mikrofasern einfach im Restmüll entsorgt werden. Im Allgemeinen ist es keine gute Idee Mikrofasern in den Wertstoffmüll zu geben (gelber Sack, gelbe Tonne, Grüner Punkt), da sie bei der Trennung der Materialien wegwehen und so doch ins Wasser gelangen könnten. In Deutschland wird Restmüll verwertet und gefiltert, um Strom zu erzeugen und endet nicht auf Müllhalden. Alle unsere Bemühungen, die Rückstände wieder zu Produkten zu verarbeiten, haben wir eingestellt, da so das Problem nur zeitlich verlagert wird.

Wie viel passt in den Beutel rein bzw. wie viel sollte maximal reingepackt werden?

Das kommt ein bisschen auf den Verschmutzungsgrad der Kleidung an. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass Wasser und Waschmittel überall an die Kleidung kommt und die Kleidung sich während des Waschens im Guppyfriend Waschbeutel bewegen kann.

Haben Sie weitere Tipps für unsere Leser, wie sie Mikroplastik vermeiden können?

Wenn es denn neue Kleidung sein muss, Textilien mit möglich wenig synthetischen Fasern bevorzugen. Meist gibt es plastikfreie Alternativen. Auch wenn viele Hersteller hier mit guter Intension handeln: Der Badeanzug aus recyceltem Polyester und die Fleecejacke aus „Oceanplastik“ tragen massiv zur Mikroplastikverschmutzung bei. Die Kampagnen der Anbieter unterschlagen hier auch zuverlässig den CO2-Aufwand für Transport und den hohen Energieverbrauch in der Herstellung recycelter Kunststoffe. Kritisches Hinterfragen von Marketinginhalten ist daher ein notwendiger erster Schritt.

Eine Gruppe Jugendlicher beugt sich über Unterrichtsmaterialien
Wichtig ist STOP! Micro Waste aufzuklären und so das Verhalten der Menschen zu ändern.© STOP! Micro Waste

Unsere Waschanleitung zur Reduktion der Mikroplastikverschmutzung unter www.stopmicrowaste.com/tenfortheocean beinhaltet zehn einfache Schritte, wie wir unser Waschverhalten ändern und die Waschmaschine buchstäblich in einen „Green Washer“ verwandeln können.

Weitere Tipps haben wir im STOP! Micro Waste Manifest zusammengefasst.

Letzte Frage, die Sie wahrscheinlich schon hundertmal gehört haben: Warum heißt der Guppyfriend Guppyfriend?

Wir wollten mit dem Produktnamen nicht das Problem in den Mittelpunkt stellen, sondern das Ergebnis. Guppies sind insbesondere bei Kindern beliebt. Und wer will nicht mit einem Guppy befreundet sein? Mit der Nutzung des Guppyfriend ist der erste kleine Schritt getan, um den Lebensraum der Guppies und anderer Fische zu schützen.

Sie stehen hinter der Initiative von Guppyfriend

Zwei Männer halten den Waschbeutel Guppyfriend auf. Einer steckt ein Kleidungsstück hinein.
Die beiden Guppyfriend-Erfinder Alexander Nolte (links) und Oliver Spies mit einem der Waschbeutel.

Alexander Nolte und Oliver Spies entwickeln und kommunizieren Eco-Lösungen als Alternative zur Massenproduktion, die Mensch und Umwelt keinen Schaden zufügen. Ihr Ziel ist es, Bewusstsein für Umweltthemen zu schaffen und zu verändertem Verhalten anzuregen. Sie sind die Gründer des Eco-Labels Langbrett, die Initiatoren der gemeinnützigen Organisation STOP! Micro Waste und die Erfinder des Guppyfriend Wachbeutels.

Mehr zur Organisation STOP! Micro Waste

STOP! Micro Waste ist eine gemeinnützige Organisation, die auf das (Mikro)Plastikproblem aufmerksam macht und Lösungen zur Plastikvermeidung initiiert und umsetzt. Die Erlöse aus dem Verkauf des Guppyfriend Waschbeutels ermöglichen den Aufbau der STOP! Plastik Akademie und die Durchführung von Schulungsmaßnahmen zur Vermeidung von (Mikro)Plastik. Im „Train the Trainer“-Programm werden Partner, Konsumenten und Schüler ausgebildet, die als STOP! Plastik Coaches ihr erworbenes Wissen weitergeben und mittels sogenannter STOP! Stations Aufmerksamkeit auf das Mikroplastik-Problem lenken.

1 Kommentare
  • Eine tolle Sache!
    Aber versuchen Sie heutzutage mal z.B. eine Jeans ohne Elastan zu kriegen: ein langer und steiniger Weg! Das gleiche gilt für andere Sachen. Auch wenn die Mode wieder etwas figurumspielender wird, Elastan „formt“ ja so wunderbar, die hautenge Kleidung leiert nicht so schnell aus.
    LG von Irmgard Hiller

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