Holunderbeeren – kleine Kraftpakete für Genuss und Gesundheit

Ein Zweig mit dunklen, reifen Holunderbeeren.

Der Schwarze Holunder (Sambucus nigra) ist ein Strauch, der fast baumartige Höhen von 6–8 m erreichen kann. Er wächst in ganz Europa und gehört in Deutschland und Österreich zu den häufigsten Sträuchern. Bevorzugte Standorte sind Waldränder, Lichtungen, Hecken, Gebüsche und Gärten. Der Schwarze Holunder ist ein Kulturbegleiter und liebt die Nähe der Menschen. Von Mai bis Juni schmückt er sich mit unzähligen Blütenrispen, die den Beginn des Frühsommers anzeigen. Sie erfüllen an lauen Abenden die Luft mit einem betäubend-süßlichen Geruch.

Aus den Blüten entwickeln sich von Mitte August bis Ende September die schwarz-violetten Holunderbeeren. Der Artname „nigra“ bedeutet „schwarz“ und bezieht sich auf die schwarzen Früchte.

Holunderbeeren – gern gesehen von Mensch und Tier

Der Schwarze Holunder steht in der Hitparade der Vogelsträucher ganz oben, denn 62 Vogelarten fressen seine Früchte. Vor allem Mönchsgrasmücken, Amseln, Drosseln und Stare besuchen den Strauch während der Beerenreife und sorgen somit für seine Verbreitung. Aber auch 15 Insektenarten interessieren sich für seine Beeren, Blätter und Blüten. Die pollenreichen Blüten werden vor allem von Fliegen, Kleinschmetterlingen und Käfern besucht, Bienen und Hummeln interessieren sich hingegen nicht dafür.

Der Holunderbaum als Wohnsitz der Göttin Holla

Um kaum eine andere Pflanze ranken sich so viele Sagen wie um den Holunder. In Märchen, Mythen und Brauchtum wird, wenn auch meist verschlüsselt, altes Wissen weitergegeben. Nach den alten Überlieferungen galt der Holunder als Wohnstätte verschiedener menschenfreundlicher Geister und Gottheiten. Eine Gottheit schien besonders mit ihm verbunden zu sein: die germanische Göttin Holla oder Holda, die im Holunderbaum wohnte. Im Märchen der Gebrüder Grimm erscheint sie uns als Frau Holle. Die weißen Schneeflocken, die beim Aufschütteln aus Frau Holles Federbetten fliegen, erinnern an die weißen Holunderblüten, die im Mai vom Strauch herabrieseln. Mit dem Schnee, so glaubte man einst, würden die Felder mit Fruchtbarkeit gesegnet. Wenn der Holunder üppig blühte, erwartete man eine reiche Ernte.

Der Ursprung des bekannten Märchens liegt weit zurück in vorchristlicher Zeit. Der Abstieg der Goldmarie in den Brunnen symbolisiert die Reise in die Unterwelt. Brunnen und Quellen galten unseren Vorfahren als Eingang ins Jenseits. Man glaubte, an diesen Orten würden die Seelen der Neugeborenen emporsteigen. Die Unterweltsgöttin Holla regelte Tod und Wiedergeburt.

Holla galt als freundliche Göttin, die das Unglück von den Menschen fernhielt. Der heilige Baum der Göttin beschützte Haus, Hof, Mensch und Tier vor Blitzschlag und Hexenzauber und er lieferte Heil- und Nahrungsmittel. Als „Hausapotheke der Bauern“ galt er, weshalb er mancherorts sogar „Apothekerstrauch“ genannt wurde. Schon allein deshalb war es Sitte, einen Holunderbusch in nächster Nähe des Hauses zu pflanzen.

Ein Holunderstrauch mit blühenden weißen Blüten.
Zahlreiche Sagen erzählen vom Holunderstrauch – so symbolisieren die herabfallenden weißen Holunderblüten im Frühjahr Frau Holle, die ihre Kissen ausschüttelt.© Rudi Beiser

Sprechstunde beim Holunderbusch

Unsere Vorfahren nutzten den Holunder für das magische Ritual der Krankheitsübertragung. Er schien besonders gut geeignet, Unheil und Krankheiten anzuziehen und in die Unterwelt abzuleiten. Vor allem Fieber und Gicht wurden ihm sehr häufig angehängt. Der Kranke gab die Krankheit durch bestimmte Beschwörungssprüche oder Rituale an den Strauch weiter.

Gichtkranke gingen beispielsweise an drei Tagen hintereinander vor Sonnenaufgang zu einem Holunderbaum, umfassten ihn und sprachen: „Flieder, ich habe die Gicht, du hast sie nicht, nimm sie mir ab, so hab ich sie nicht.“ „Flieder“ ist einer der vielen Volksnamen für den Holunder.

Auch Fieber konnte man auf den Holunder übertragen. Man band in der Nacht bei abnehmendem Mond einen Bindfaden um den Holunderstamm und sprach: „Guten Morgen Herr Flieder, ich bringe dir mein Fieber, ich binde es an, nun geh ich in Gottes Namen davon.“ Eine andere, etwas hinterhältige Methode, das Fieber loszuwerden, funktionierte folgendermaßen: Wenn ein Fieberkranker, ohne zu sprechen, einen Holunderzweig abriss und in die Erde steckte, blieb das Fieber am Zweig haften. Zumindest so lange, bis ein unschuldiges Opfer vorbeispazierte und den Zweig zufällig berührte. Wehe dem Unvorsichtigen, denn jetzt bekam er das Fieber!

„Rinde, Beere, Blatt und Blüte, jeder Teil ist Kraft und Güte.“

Dieser alte Spruch veranschaulicht, dass der Holunder die Hausapotheke der Bauern war. In der Volksmedizin gehörte er zu den beliebtesten Heilmitteln. Früher verwendete man tatsächlich alle Teile des Holunders für medizinische Zwecke. Die moderne Phytotherapie konzentriert sich allerdings nur auf die Blüten, deren Wirkung als schweißtreibendes Mittel bei Erkältungskrankheiten wissenschaftlich belegt ist.

Holunderblüten werden nicht nur wegen ihrer schweißtreibenden Eigenschaften eingesetzt, sondern auch aufgrund der schleimlösenden Wirkung bei Bronchitis und trockenem Reizhusten. Die Blätter setzte man in der Volksmedizin als harntreibendes Mittel ein und verwendete sie äußerlich bei Entzündungen und Verbrennungen der Haut.

Holunderbeeren – voller Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien

Wir wollen uns aber vor allem die Heilwirkung der Holunderbeeren anschauen: Sie enthalten viele Vitamine und Mineralstoffe. Besonders vertreten sind ß-Karotin und Vitamin E, die beide an der Infektabwehr beteiligt sind. Außerdem sind sie reich gesegnet mit Kalium und Eisen. Ein absoluter Spitzenwert wird bei den als Antioxidantien bekannten Anthocyanen erreicht und zwar mit durchschnittlich 750 mg je 100 g. Keine andere heimische Frucht kann es mit dieser Menge aufnehmen. Die Anthocyane wirken stark antioxidativ und sind somit vorzügliche Radikalfänger. Außerdem enthalten die Früchte sehr viele Flavonoide. Mehrere Studien bestätigen, dass die heilsamen Inhaltsstoffe der Beeren zellschützend, antiviral, immunstimulierend, antidiabetisch und antientzündlich wirken. Vor allem gegen Influenzaviren konnte eine signifikante Wirkung nachgewiesen werden.

Reife Holunderbeeren hängen am Strauch.
Vollreife schwarze Holunderbeeren liefern das beste Aroma.© Rudi Beiser

Allerdings sind in den Früchten auch leicht giftige Substanzen enthalten. In den frischen Beeren findet sich das Blausäureglykosid Sambunigrin. Es verursacht Brechreiz, Übelkeit und Durchfall. Deshalb wurden frische Holunderbeeren früher als Abführmittel eingesetzt. Durch Hitze wird Sambunigrin jedoch abgebaut.

Rezept für einen selbst gemachten Holunderbeeren-Erkältungstrank

Zutaten

  • 1 kg Holunderbeeren
  • 50 g frischer Ingwer
  • 250 ml Apfelsaft
  • 1 Zimtstange
  • 100 g Honig

Zubereitung

  1. Früchte mit Saft und zerkleinerter Zimtstange zum Kochen bringen.
  2. In Scheiben geschnittenen Ingwer dazugeben. Mit geschlossenem Deckel 10–15 Minuten bei geringer Hitze köcheln lassen.
  3. Vom Herd nehmen, Honig zufügen und nochmals 15 Minuten ziehen lassen.
  4. Durch ein sehr feines Sieb abtropfen lassen (dauert mehrere Stunden).
  5. Dann den Saft auf mindestens 75 °C erhitzen und heiß in sterile Flaschen abfüllen.

In Erkältungszeiten den Saft erwärmen und mit etwas Zitronensaft genießen.

Holunder – ein Tausendsassa in der Küche

Der Holunder ist mit seinen Blüten und Früchten eine Bereicherung für die Küche. Allein mit den zahlreichen Blütenrezepten könnte man ein Buch füllen. Die Blüten eignen sich zur Herstellung von Gelee oder Sirup, man kann mit ihnen Limonade, Essig, Likör oder Zucker aromatisieren. Sehr beliebt ist ein Sekt aus Holunderblüten und die in Pfannkuchenteig ausgebackenen „Hollerküchle“ sind vielerorts eine regionale Spezialität.

Blühende Rispe am Holunderstrauch.
Holunderblüten können kulinarisch vielseitig genutzt werden – zum Beispiel in Pfannkuchenteig augebacken oder als Basis für süßen Sirup.© Rudi Beiser

Die ab August reifenden Früchte dürfen nicht roh gegessen werden, denn sie enthalten Stoffe, die Übelkeit hervorrufen (wie bereits beschrieben). Deshalb werden sie bei der Verarbeitung erhitzt. Ernten Sie die Fruchtstände bei Vollreife (August/September), wenn sie blau-schwarz sind. Sie eignen sich für die Herstellung von Saft, Gelee, Chutney oder zum Aromatisieren von Essig, Punsch und Likör. In manchen Gegenden gibt es traditionelle Rezepte, wie beispielsweise Holunderbeersuppe. Holunderbeeren besitzen einen herb-fruchtigen Geschmack, den man gut mit süßem Obst wie Äpfeln oder Birnen ausgleichen kann. Probieren Sie also einen Apfel-Holunder-Saft oder ein Birnen-Holunder-Gelee. Die Beeren eignen sich außerdem zum Trocknen für Früchtetee.

Rezept für selbst gemachten Holunderbeeren-Balsamico

Zutaten

  • 250 g reife Holunderbeeren
  • 1 l weißer Balsamico
  • 70 ml Holunderblüten- oder Holunderbeersirup oder alternativ Apfeldicksaft
  • 1 Zitrone

Zubereitung

  1. Holunderbeeren, in Scheiben geschnittene Zitrone, Essig und Sirup oder Dicksaft in einen Topf geben und eine Stunde durchziehen lassen.
  2. Holunderbeeren etwas zerdrücken.
  3. Dann zum Kochen bringen und bei niedriger Temperatur 10 Minuten leise köcheln lassen. Beständig umrühren.
  4. Durch ein feines Sieb oder Mulltuch abgießen und noch heiß in sterile Flaschen füllen. Damit sie beim Einfüllen der heißen Flüssigkeit nicht platzen, die Flaschen vorher 10 Minuten bei 100 °C in den Backofen legen (unbedingt Handschuhe verwenden!). Nach dem Befüllen die Flaschen sofort luftdicht verschließen.
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