Materialkunde Kork: Mehr als nur ein Verschluss der Weinflasche

Hier wächst ein Korkeichenwald mit geschälten Eichen.

Vor Kurzem wollte ich mir eine Faszienrolle besorgen. Da ich versuche, Plastik und ähnliche Materialien zu meiden, entschied ich mich für eine Rolle aus Kork. Eine prima Alternative zu den bekannten Modellen aus Styropor. Doch was genau steckt eigentlich hinter Korkprodukten? Wie nachhaltig ist Kork und wie lässt sich das Naturmaterial recyceln? Ich kannte zwar die typischen Korkprodukte wie Korken und Pfannenuntersetzer. Über die Eigenschaften des Materials sowie Anbau und Gewinnung wusste ich jedoch kaum etwas – und schon war mein Interesse geweckt.

Was ist Kork?

Kork ist die Rinde der Korkeiche. Er ist ein zu 100 Prozent natürliches Pflanzengewebe und besteht aus mikroskopisch kleinen Zellen. Diese wiederum enthalten ein Gas, das mit Luft identisch ist – wodurch sich die geringe Dichte von Kork erklären lässt. Diese einzigartigen Eigenschaften konnte man bisher durch keine Technologie nachahmen oder gar übertreffen.

Welche Eigenschaften hat Kork?

Pro Kubikzentimeter wiegt Kork gerade einmal 0,16 Gramm. Diese Leichtigkeit macht das Material schwimmfähig. In den Korkzellen ist das pflanzliche Biopolymer Suberin enthalten. Es macht das Naturmaterial völlig undurchlässig für Flüssigkeiten und Gase. Dadurch, dass Kork extrem beständig gegen Feuchtigkeit ist, kann er sehr alt werden, ohne sich abzunutzen oder an Qualität zu verlieren. Darüber hinaus ist Kork feuerabweisend, antistatisch und antiallergisch. Daher ist er optimal für Menschen geeignet, die von Allergien oder Asthma betroffen sind.

Kork ist zudem ein ausgezeichnetes Isoliermaterial. Die 40 Millionen Zellen in jedem Kubikzentimeter Kork wirken wie ein Dezibelabsorber, was ihn zu einem hervorragenden Schall- und Vibrationsisolator macht. Seine molekulare Struktur ermöglicht es ihm, Wärme zu absorbieren und über einen langen Zeitraum zu speichern.

Wo wird Kork angebaut?

Weltweit nimmt der Korkeichenwald eine Fläche von rund 2,3 Millionen Hektar ein. Man baut die Korkeiche vor allem in Mittelmeerländern wie Portugal, Spanien und Frankreich sowie in Nordafrika an. Jährlich werden etwa 340.000 Tonnen Kork gewonnen. Der Großteil des Korkanbaus findet in Portugal statt, wo der Korkeichenwald als „Montado“ bekannt ist. Mehr als die Hälfte der weltweiten Korkproduktion erfolgt dort.

Korkanbau: Nachhaltigkeit und Nutzen für die Umwelt

Die Korkeiche nutzt man schon seit Tausenden von Jahren zur Gewinnung von Kork. Im Vergleich zu anderen Baumarten ist sie aufgrund ihrer rauen Rinde – des eigentlichen Korks – langlebig und widerstandsfähig. Korkeichenwälder sind besonders nachhaltig, weil sie unter den Waldlebensräumen eine der höchsten Artenvielfalten aufweisen. Die Wälder bieten Heimat für eine Vielzahl wilder Tier- und Pflanzenarten, einschließlich bedrohter Tierarten wie Iberischer Luchs und Königsadler. Korkeichen-Biotope gehören zu den biologisch reichsten der Welt und sind gemäß der EU-Habitatrichtlinie im NATURA-2000-Netzwerk aufgeführt.

Die Rinde einer Korkeiche, aus der später Kork gewonnen werden kann.
Die Rinde der Korkeiche ist ein nachwachsender Rohstoff.© CC0 / mac231

Die Wälder der Eiche binden im Jahr rund 14 Millionen Tonnen CO2 und tragen somit aktiv zur Reduzierung der Erderwärmung bei. Noch dazu beugen die Korkeichen Waldbränden vor. Sie unterstützen zudem bei der Bekämpfung der Desertifikation – der Wüstenbildung –, indem sie den Erdboden sowie organische Substanzen binden. Die Möglichkeit einer Erosion wird verringert und die Wasserspeicherung steigt.

Wie gewinnt man die Rinde der Korkeiche?

Die Ernte des Korks erfolgt von Hand. Nach 25 Jahren kann man eine Korkeiche das erste Mal schälen. Die Ernte ist ein Prozess, den nur erfahrene Expertinnen und Experten durchführen sollten. Der Stamm muss dabei einen Umfang von etwa 70 Zentimetern vorweisen und 1,3 Meter über dem Boden gemessen werden. Ab diesem Zeitpunkt lässt sich die Rinde der Korkeiche für durchschnittlich 150 Jahre ernten. Erst bei der zweiten Ernte hat das Korkmaterial eine gleichmäßige Struktur. Ab der dritten Ernte lässt sich der Kork mit den besten Eigenschaften gewinnen. Diesen verwendet man für Korkprodukte mit hohem Qualitätsanspruch.

Die Korkernte ist in mehrere Schritte unterteilt. Zunächst öffnet man die Korkrinde vertikal mit einer Axt. Danach löst man die Rinde vom Stamm. Ein horizontaler Schnitt definiert die Größe der Korkrinde, die gelöst werden soll. Die Rinde wird so vom Baumstamm entfernt, dass sie nicht bricht. Je größer die Rindenstücke, desto höher der Handelswert. Jegliche Parasiten entfernt man am Ende. Als Letztes versieht man den nackten Baumstamm mit der letzten Ziffer des Jahres, in dem die Korkeiche geerntet wurde. Bis zur nächsten Ernte muss die Rinde neun Jahre neu wachsen.

Eine große Korkeiche, von der unteren Hälfte des Stammes wurde der Kork geschält.
Die geschälte Korkeiche wird erst nach neun Jahren erneut geerntet, dann ist die Rinde wieder nachgewachsen.© CC0 / maja7777

Was lässt sich aus Kork herstellen?

Kork lässt sich vielseitig verarbeiten: zu Yogamatten und -blöcken, Faszienrollen und -bällen, Bodenbelägen, Wandverkleidungen und Dämmungen. Aber auch Untersetzer, Taschen, Stifte und Accessoires wie Mützen und Schmuck – und nicht zuletzt natürlich Flaschenkorken – lassen sich daraus herstellen.

Korkboden ist zwar empfindlich gegen Kratzer, dafür ist er jedoch sehr behaglich und schont die Gelenke. In Wohnzimmer oder Schlafzimmer eine heimelige Alternative zu anderen Belägen.

Der ökologische Fußabdruck von Kork

Die Ökobilanz von Kork kann sich sehen lassen, denn anders als bei Holz wird hier kein Baum gefällt. Eine Tonne Kork nimmt etwa zwei Tonnen CO2 auf, während sie nur 1,6 Tonnen produziert. Eine Tonne Aluminium produziert vergleichsweise zwölf Tonnen CO2 und bindet keines.

Die Herstellung von Naturkorken hat eine sehr gute Ökobilanz. Eine Lebenszyklusanalyse von PricewaterhouseCoopers ergab, dass der Naturkorken der nachhaltigste aller Flaschenverschlüsse ist: Bei der Herstellung werden 75 Prozent weniger CO2 ausgestoßen als bei der Herstellung und Entsorgung von Schraubverschlüssen. Der Naturkorken schneidet damit um ein Vielfaches besser ab, denn kein anderer Verschluss kommt annähernd an seine Ökobilanz heran.

Weniger Naturkorken bei Weinflaschen – mit ökologischen Folgen

Immer häufiger haben Weinflaschen einen Plastikkorken oder einen Schraubverschluss statt des klassischen Verschlusses aus Kork. In seiner Broschüre Cork screwed warnt der WWF vor den katastrophalen ökologischen Folgen der Abkehr vom Naturkorken. Diese sind nicht nur nachhaltiger, sie unterstützen auch die vom Korkprodukt abhängigen Menschen. Laut WWF sind sowohl die Landbevölkerung im Mittelmeerraum als auch die unberührte Natur von der Korkproduktion stark abhängig.

Ein Korkenzieher liegt auf einem Holztisch, auf ihm steckt der herausgezogene Weinkorken.
Immer seltener im Einsatz: Ohne Weinkorken braucht es auch den Korkenzieher nicht.© CC0 / lovini

Wie sollte man Kork sammeln und dem Recycling zuführen?

Korken sind ein natürliches, recycelbares und wiederverwendbares Produkt. In vielen Ländern wurden Maßnahmen zur Umsetzung von Recycling-Initiativen ergriffen, um diese wertvolle Ressource nutzen und erhalten zu können. Aus alten Korken lassen sich zwar keine neuen Korken herstellen. Für die Produktion von Korkplatten, Tischsets, Bodenbelägen, Isoliermaterial und Ähnlichem kommt das Recyclingmaterial aber immer noch zum Einsatz.

Neben vielen Kork-Kampagnen, wie der NABU-KORKampagne oder „Korken für Kork“ der Diakonie Kork, gibt es Korken-Sammelstellen auf unzähligen Recyclinghöfen. Auch in manchen Schulen und Vereinen findet man entsprechende Sammelstellen – ebenso wie in Supermärkten, Drogerien oder Getränkehandlungen. Nicht nur Flaschenkorken lassen sich recyceln – reine Korkmaterialien wie Bodenbeläge oder Untersetzer können ebenfalls an Sammelstellen abgegeben werden.

Eine Übersicht der bundesweiten zentralen Korken-Sammelstellen der Diakonie Kork gibt es hier. Ein Überblick des NABU zu entsprechenden Sammelstellen ist hier zu finden.

Zu Hause sammelt man Korken am besten luftig in einem Behälter oder Glas, damit sich kein Schimmel bildet.

 

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