Pflanzenporträt: Seifenkraut – eine alte Wasch- und Heilpflanze
Das Seifenkraut mit seinen weißen bis rosafarbenen Blüten gehörte früher zur Grundausstattung der Bauerngärten. Heute sieht man die robuste Gartenstaude viel seltener. Der Name „Seifenkraut“, aber auch die alten Volksnamen „Seifenwurzel“, „Waschkraut“ und „Hustenwurzel“, geben deutliche Hinweise zur früheren Verwendung der Pflanze. Der Name „Hundsnelke“ deutet an, dass das Seifenkraut zur Familie der Nelkengewächse zählt.
Inhalt
Seifenkraut: Standort und Wachstum
Wild wachsend findet sich echtes Seifenkraut (Saponaria officinalis) an Flussufern, auf Kiesbänken sowie auf Bahndämmen und an Schuttplätzen.
Im Garten angepflanzt, liebt es vollsonnige Standorte. Die Stauden bevorzugen kalkhaltige, lockere und durchlässige Böden. Düngung ist kaum nötig – im Gegenteil: Ein Zuviel reduziert die Standfestigkeit. Die bis zu 70 cm hohe Staude ist perfekt für den Garten geeignet. Sie ist robust gegen Krankheiten sowie Schädlinge und benötigt keinen Winterschutz. Allerdings ist sie über die Wurzelausläufer stark ausbreitungsfreudig und kann schnell größere Flächen erobern und andere Pflanzen verdrängen. Selbst kleinste abgetrennte Wurzelstückchen treiben neu aus.
Die Wurzelteile weiterverwenden
Im Herbst kann man die wuchernde Pflanze etwas reduzieren, indem man einen Teil der Rhizome und Wurzelausläufer ausgräbt. Nach dem Waschen und Trocknen lassen sich die Wurzelteile zum Beispiel als Waschmittel oder für Hustentee verwenden. Am besten, Sie trocknen die klein geschnittenen Wurzeln bei etwa 40 °C im Backofen.
Wann blüht das Seifenkraut?
Zur Blütezeit im Spätsommer, von Juli bis September, kann man sich über die zahlreichen Blüten freuen, die zu den „Nachtduftern“ gehören. Die Blüten sind weiß oder rosa und sehen sehr hübsch aus. In den Abendstunden und nachts ist der angenehm süßliche Duft der Blüte am stärksten. Dann lockt das zu den Nelkengewächsen gehörende Seifenkraut vor allem Nachtfalter als Befruchter an. Sie saugen mit ihrem langen Rüssel den weit unten in der Blütenröhre verborgenen Nektar auf. Auch das seltene Taubenschwänzchen liebt den Nektar des Seifenkrauts. Es gibt übrigens im Handel gefüllt blühende Sorten des Seifenkrauts, die aber für die Insekten nicht so interessant sind.
Die Seife steckt schon im Namen
Nicht nur der deutsche, sondern auch der botanische Name leitet sich von der Seife ab. In „Saporia“ steckt das lateinische „sapo“, was so viel bedeutet wie „Seife“. Der Grund: In der Pflanze findet man tatsächlich seifenähnliche Stoffe, die sogenannten Saponine.
Das Seifenkraut in der Mythologie und in der Antike
Schon die mythologische Entstehungssage deutet auf das Waschen hin. Das Seifenkraut entstand angeblich aus dem ausgeschütteten Badewasser der griechischen Liebesgöttin Aphrodite. Kein Wunder, dass man bereits in der Antike gern damit wusch. Der Römer Plinius erwähnt im ersten Jahrhundert in seinen Schriften, dass das Seifenkraut speziell für das Waschen von Wolle angebaut wurde. Es mache die Wolle sehr weich. Experimente in neuerer Zeit bestätigen, dass Plinius nicht übertrieben hat: Mit Seifenkraut gewaschene Rohwolle wird weiß und flauschig.
Verwendung schon in der Jungsteinzeit
Die Römer waren aber nicht die Ersten, die die gute Waschwirkung des Seifenkrautes kannten. Archäobotanische Untersuchungen belegen, dass das Seifenkraut schon in der Jungsteinzeit, also vor über 6.000 Jahren, genutzt wurde. Auch aus dem Mittelalter ist das Waschen mit Seifenkrautwurzeln des Öfteren überliefert – zumindest bei den Armen und Bauern. So schreibt Hieronymus Bock 1539 in seinem Kräuterbuch: „Die Ordensleut/als Barfüsser/waschen ihre Kappen damit/haben nicht Geld/Seifen zu kaufen/oder Wäscherinnen zu dingen/wie sich dann die armen Brüder des Heiligen Franziskus höchlich beklagen.“
Noch heute eine Alternative für empfindliche Textilien
In vielen Gegenden Europas diente die Wurzel noch bis Ende des 19. Jahrhunderts als Seifenersatz. So nutzt man in manchen Museen und Restauratorenwerkstätten noch heute die waschaktive Seifenkrautlösung. Man verwendet sie zum Reinigen historischer Textilien, kostbarer Wandteppiche oder empfindlicher Bilder.
Anleitung für ein Flüssigwaschmittel aus Seifenkraut
Ähnlich wie mit anderen Saponinpflanzen, wie etwa Efeu oder Rosskastanie, kann man mit Seifenkraut ein mildes Waschmittel herstellen.
Das brauchen Sie
für ca. 160 ml Waschmittel
- 50 g getrocknete Seifenkrautwurzeln und Wurzelausläufer
- 500 ml Wasser
- ggf. 5 Tropfen ätherisches Zitronen- oder Lavendelöl
Und so geht’s
- Zerkleinerte Wurzelstückchen mit Wasser aufgießen und zum Kochen bringen.
- 20 Minuten sanft köcheln lassen.
- Nach dem Abkühlen durch ein feines Sieb gießen und in eine Flasche füllen.
- Wer ein Waschmittel mit einem angenehmen Duft mag, kann noch fünf Tropfen ätherisches Zitronenöl oder Lavendelöl dazugeben.
Das hellgrüne Flüssigwaschmittel hat keinen Färbeeffekt auf die Wäsche. Die Menge reicht für drei Waschgänge. Im Kühlschrank gelagert, hält es mindestens eine Woche.
Hinweis: Wenn Sie Ihr Waschmittel nicht selbst herstellen möchten, finden Sie im Waschbär-Shop fertige Waschmittel aus Seifenkraut.
Seifenkraut-Shampoo selbst herstellen
Auf dieselbe Weise, die beim Waschmittel beschrieben wurde, können Sie ein Shampoo selbst herstellen. Dafür benötigen Sie jedoch etwas weniger Seifenkraut. Ein guter Richtwert sind zehn Gramm auf 250 ml Wasser. Das Shampoo mit einem kleinen Milchschäumer oder einem Rührgerät kurz vor Gebrauch schaumig schlagen. Auf diese Weise lässt sich das flüssige Shampoo gut anwenden. Der Schaum bleibt einige Minuten standfest und man kann ihn wunderbar zum Haarewaschen verwenden.
Seifenkraut: Vom Waschmittel zum Heilmittel
Die Saponine im Seifenkraut eignen sich nicht nur zum Waschen, sondern sie besitzen auch pharmakologische Wirksamkeit. Deshalb ist das Seifenkraut seit Urzeiten gleichermaßen eine bekannte Heilpflanze. Vor allem im Mittelalter fand es häufig Verwendung, was sich auch im botanischen Namen „officinalis“ niederschlug. „Officin“ nannte man früher jenen Raum in der Apotheke, wo die Arzneimittel verkauft wurden. Damals nahm man das Seifenkraut in erster Linie bei Husten, als harntreibendes Mittel und zur Förderung der Menstruation. Äußerlich setzte man es bei Geschwüren und Hautausschlägen ein.
Der Arzt Leonhart Fuchs (1501–1566) glaubte sogar, dass das Riechen an den Blüten das Gehirn kräftige. Lange Zeit galt es zudem als zuverlässiges Mittel bei Syphilis. Die Krankheit war im 16. Jahrhundert sehr verbreitet. Man bezeichnete sie zu dieser Zeit als „Lustseuche“. In der neueren Volksmedizin spielte das Seifenkraut auch eine Rolle bei Rheumatismus und Hauterkrankungen.
Saponine – mit Vorsicht zu genießen
Übrig geblieben ist in der modernen Phytotherapie lediglich die Anwendung bei festsitzendem Husten. Die schleimlösende Wirkung in den Bronchien wird durch die Saponine reflektorisch durch Reizung der Magenschleimhaut ausgelöst. Die Wurzeln enthalten drei bis acht Prozent Triterpen-Saponine. In hoher Dosierung können Saponine die Schleimhäute reizen und Erbrechen auslösen – das gilt für alle saponinhaltigen Pflanzen.
Da die Wurzeln des Seifenkrauts eine rotbraune Färbung haben, ist die Droge in Apotheken manchmal auch unter dem Namen „Rote Seifenwurzel“ bekannt. Die oberirdischen Teile des Seifenkrauts enthalten ebenfalls Saponine, aber etwas weniger als die im Boden befindlichen Teile.
Ein Tee aus Seifenkraut
Für eine Tasse Tee nimmt man circa 0,5 g Wurzeldroge und trinkt am Tag maximal drei Tassen davon. Die zerkleinerten Wurzeln setzt man in kaltem Wasser an und bringt sie dann zum Kochen. Den Tee nach dem Abgießen mit etwas Honig süßen – das verbessert die Wirksamkeit.
Hinweis: Dieser Beitrag wurde mit größter Sorgfalt erstellt. Der Autor ist jedoch kein Arzt oder Apotheker. Die im Beitrag gegebenen Informationen sind nicht als Gesundheitsberatung zu verstehen. Besprechen Sie eine Anwendung der Tipps mit gesundheitlichem Bezug daher bitte mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt.