Pflanzenporträt Huflattich – ist der Frühlingsbote giftig?
Der Huflattich ist mit seinen wunderschönen gelben Blüten einer der ersten Frühlingsboten, weshalb der Korbblütler im phänologischen Kalender zusammen mit dem Schneeglöckchen als Zeigerpflanze für den Vorfrühling gilt. Die Wildbienen freuen sich, dass der Frühblüher ihnen schon im Februar Nektar und Pollen anbietet. Auch unsere Vorfahren haben sich über den Huflattich gefreut und ihn als Nahrungs- und Heilpflanze eingesetzt. Aber in den 1990er-Jahren kam er massiv in Verruf, weil er giftige Alkaloide enthält. Viele Naturheilkundige hielten ihn dagegen trotzdem für unbedenklich. Kann man ihn nun überhaupt noch verwenden? Eine Bestandsaufnahme.
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Zuerst die Blüte, dann das Blatt
Der Huflattich (Tussilago farfara) hat eine Besonderheit: Die leuchtend gelben Blütenköpfchen erscheinen schon im Februar und März. Ihr Blütenstängel besitzt rotbraune Schuppen. Aber die Blätter des Huflattichs sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu sehen. Diese kommen erst aus dem Boden, wenn die Blüten verwelken. Die hufeisenförmigen Blätter sind anfangs noch beidseitig filzig behaart. Auf der Blattoberseite verschwindet allmählich die Behaarung und die grundständigen Blätter fühlen sich dann wie weiches Leder an. Als Ruderalpflanze wächst der Huflattich an Weg- und Waldrändern, Geröllhalden, Kiesgruben, Schuttplätzen und Bachläufen.
In der Natur könnte man die Blätter des Huflattichs eventuell mit der Pestwurz verwechseln. Deren Blätter sind allerdings viel größer und fühlen sich an der Blattoberseite deutlich derber an. Zudem haben die Huflattichblätter schwarze Blattrandzähne. Die Pestwurz enthält übrigens wesentlich mehr giftige Pyrrolizidinalkoloide (PA) als der Huflattich.
Huflattich – jahrhundertelang eine wichtige Hustenpflanze
Sowohl Blätter als auch Blüten der Pflanzen werden seit Jahrhunderten in der Medizin genutzt. Man setzte sie ein bei Reizhusten, Lungenbeschwerden, Rachenentzündungen und Heiserkeit, aber auch äußerlich zur Wundbehandlung und bei Hautentzündungen. Schon der botanische Name „Tussilago“ weist darauf hin: Er heißt übersetzt „der Hustenvertreiber“ (vom lateinischen tussis für „Husten“ und agere für „vertreiben“). Verantwortlich für die Wirksamkeit sind vor allem die vielen Schleimstoffe, die sich reizlindernd auf die Schleimhäute legen und so den Hustenreiz mindern. Die Schleimstoffe lösen sich am besten in Wasser, weshalb vor allem Huflattichtee getrunken wurde. Aus den Blüten des Huflattichs stellte man einen Sirup gegen Reizhusten und Heiserkeit her.
Der römische Schriftsteller Plinius (23–79 nach Christus) gab bei Husten die Empfehlung, den Rauch von auf glühende Kohlen gelegtem Huflattich einzuatmen. Daher hält sich in der neueren Volksmedizin hartnäckig die Vorstellung, dass Tabak und Zigaretten aus Huflattich die Lunge stärken. Sogar bei Asthma und zur Raucherentwöhnung wurde dies empfohlen. Solche Empfehlungen sind natürlich nicht sinnvoll, sondern im Gegenteil sehr schädlich. Huflattichblätter waren aber nicht nur als Tabakersatz interessant. Wegen ihrer Größe und der weich behaarten Blattunterseite bezeichnet man sie auch als „Wanderers Klopapier“.
Huflattich ist auch als Wildgemüse bekannt
Nicht nur in der Volksmedizin, sondern auch in der Wildkräuterküche ist der Huflattich sehr beliebt. Die jungen, mildwürzigen Blätter eignen sich für Salat, Suppen, zu Rührei oder als spinatähnliches Gemüse. Sie lassen sich auch wie Weinbergblätter zu Dolmades verarbeiten. Als Füllung eignen sich zum Beispiel Grünkern oder Reis, aber auch Hackfleisch. Ältere Blätter kommen wegen der enthaltenen Alkaloide (siehe unten) nicht mehr zum Einsatz. Ab Juni werden sie ohnehin recht herb und schmecken nicht mehr so gut.
Blütenköpfchen nutzt man in der Wildkräuterküche als Speisedekor. Man kann sie auch zusammen mit dem süßaromatischen Blütenstängel in Butter dünsten. Der Geschmack ist spargelähnlich. Wer Huflattich sammeln und nutzen möchte, sollte unten stehende Informationen lesen und selbst abwägen.
Streitpunkt Pyrrolizidinalkaloide im Huflattich
Vor einigen Jahrzehnten hat man im Huflattich verschiedene Pyrrolizidinalkaloide (PA) nachgewiesen, namentlich Senkirkin und Senecionin. Sie stehen im Verdacht, eine leberschädigende, krebserregende und erbgutverändernde Wirkung zu haben. Daraufhin wurde der Verkauf von Huflattichtee eingeschränkt und teilweise verboten. Aktuell dürfen Arzneimittel, die Huflattichblätter enthalten, einen Grenzwert von einem Mikrogramm PA als Tagesdosis nicht überschreiten.
Neuere Erkenntnisse aus der Naturmedizin
Neuere Untersuchungen legen nahe, dass der Sachverhalt etwas differenzierter betrachtet werden sollte. Zahlreiche Naturmediziner und -medizinerinnen beurteilen die Verbotsmaßnahmen ohnehin als „unverhältnismäßig“ und sehen in der gelegentlichen Anwendung kein Risiko. Denn die Menge der als toxisch eingestuften Alkaloide ist im Huflattich in der Regel nur sehr gering. Die vorliegenden Analyseergebnisse zeigen bei den meisten Proben einen niedrigen Alkaloidgehalt.
Allerdings kann die Menge durchaus schwanken, und zwar je nach Standort, Bodenfeuchtigkeit und Alter der Pflanze. An feuchten Standorten und vor allem bei jungen Laubblättern sind kaum Alkaloide zu finden. Je älter die Blätter werden, desto größer wird die Konzentration der giftigen Stoffe. Die Blüten von Huflattich enthalten im Vergleich zu Blättern mehr Pyrrolizidinalkaloide, weshalb man sie medizinisch nicht mehr einsetzt.
PA-armer Huflattich in Arzneimitteln
Aufgrund der Gesetzeslage und der geforderten Grenzwerte ist man dazu übergegangen, PA-arme Varianten von Huflattich zu selektieren. So entstand die extrem PA-arme Züchtung Tussilago farfara „Wien“, deren Blätter heute in der Regel für Arzneimittel verwendet werden. Deshalb ist die Nutzung von Huflattichtee aus Apotheken unbedenklich. Bei Schwangerschaft und Stillzeit ist vom Gebrauch vorsichtshalber abzuraten.
Der Einsatz selbst gesammelter Huflattichblätter ist hingegen sorgsam abzuwägen, egal ob medizinisch oder kulinarisch eingesetzt. Fachleute für Toxikologie raten von einer Nutzung selbst gesammelter Blüten und Blätter für medizinische Zwecke ab, zumal es PA-arme Sorten gibt. In der Wildkräuterküche empfiehlt man, nur junge Frühlingsblätter zu sammeln und diese nur gelegentlich zu verzehren. Große Mengen über einen längeren Zeitraum gegessen, könnten eine leberschädigende Wirkung haben. Bei gelegentlicher Nutzung sieht man allerdings kein Risiko.
Hinweis: Dieser Beitrag wurde mit größter Sorgfalt erstellt. Der Autor ist jedoch kein Arzt oder Apotheker. Die im Beitrag gegebenen Informationen sind nicht als Gesundheitsberatung zu verstehen. Besprechen Sie eine Anwendung der Tipps mit gesundheitlichem Bezug daher bitte mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt.
Die Pharma und auch die angeschlossenen Hausärzte wollen von der Naturheilkund eh nix wissen…und was mei Oma net umgebracht hot bringt mi a net um…
Also, ich nutzte die gelben Blüten immer für einen Mix-Hustentee mit Fenchel, Salbei, Spitzwegerich. Nach dem obigen Text bekomme ich nun Bedenken.
Mmmhhh?
Hallo Frau Borgmann,
ich persönlich sehe in der gelegentlichen Anwendung des Huflattichs in Form von Tee kein Risiko. Den Hustentee trinken Sie ja nicht das ganze Jahr. Außerdem handelt es sich wie von Ihnen beschrieben um einen Mischtee aus verschiedenen Pflanzen, weshalb die Dosierung von Huflattich pro Tasse eher gering ist.
Eine weitere mögliche Reduzierung des Risikos wäre der Austausch der Huflattichblüten durch -blätter, da diese etwas weniger Alkaloide enthalten als die Blüten.
Viele Grüße,
Rudi Beiser